Wer berufsbedingt viel und lange sitzt, muss besonders auf ausreichende Bewegung in seiner Freizeit achten. Ansonsten kommt es oftmals zu einseitigen Belastungen, Fehlhaltungen und daraus resultierenden Schmerzen im Rücken. Ein möglicher Grund: Ständiges Sitzen lässt die Rumpfmuskulatur — eine der wichtigsten Stützen unserer Wirbelsäule — erschlaffen. Fangen Sie frühzeitig mit Rückenübungen und Sport an, dann können Sie Beschwerden vorbeugen oder lindern.
Folgenreiche Fehlhaltung: So leiden die Bandscheiben
Eigentlich ist der menschliche Körper nicht dafür geschaffen, den ganzen Tag zu sitzen — einige Berufe setzen jedoch genau das voraus. Grundsätzlich gilt: Bewegung ist die beste Medizin. Achten Sie also während eines Arbeitstages auf wiederholte Bewegungspausen.
Dadurch trainieren Sie nicht nur Bauch- und Rückenmuskulatur, durch regelmäßige Be- und Entlastung werden auch die Bandscheiben (Knorpel zwischen den Wirbeln) im Rücken von Flüssigkeit durchströmt und so mit ausreichend Nährstoffen versorgt. Auf diese Weise bleiben sie elastisch und behalten ihre Funktion als natürliche Stoßdämpfer unserer Wirbelsäule bei. Das Risiko für Rückenschmerzen durch einen Bandscheibenvorfall beziehungsweise für eine Vorwölbung der Bandscheibe aufgrund eines spröden oder rissigen Faserrings vermindert sich so erheblich.
Bewegen Sie sich also so oft es geht. Nutzen Sie beispielsweise Besprechungen im Stehen als willkommene Bewegungspause oder suchen Sie Ihre Kollegen persönlich auf, anstatt zum Hörer zu greifen.
Langes Sitzen kann zu einer Verkümmerung des großen Lendenmuskels (Psoas) führen. Welche Rolle spielt dieser bei Schmerzen im Rücken? Und wie lässt er sich trainieren? Der Sportwissenschaftler Prof. Dr. Ingo Froböse klärt im Interview auf.
Dynamisch ist die Devise! Richtiges Sitzen und richtige Haltung
Bandscheiben werden im Sitzen deutlich stärker belastet als im Stehen oder Gehen. Die typische Körperhaltung am Schreibtisch ist also prädestiniert dafür, Beschwerden hervorzurufen. Besonders bei stark zurück gelehnten oder weit nach vorne gebeugten Sitzpositionen lastet großer Druck auf Wirbelsäule und Muskulatur im Rücken, wodurch schnell Verspannungen und Rückenschmerzen entstehen. Als deutlich gesünder gilt eine aufrechte Haltung, in der das Becken leicht nach vorne gekippt und der Rücken zu einem natürlichen Hohlkreuz geformt ist.
Als Maßnahmen zur Prävention dienen ergonomisch geformte Bürostühle und spezielle Sitzbälle oder -kissen, die eine korrekte Körperhaltung unterstützen und richtiges Sitzen fördern. Darüber hinaus gibt es etwa Kissen mit aufgenähten Akupressur-Elementen. Diese sollen die Muskulatur des Rückens lockern und entspannen.
Darüber hinaus ist es wichtig, vielseitig und dynamisch zu sitzen. Das heißt, nie in einer Position zu verweilen, sondern die Sitzposition regelmäßig zu verändern, um einseitige Belastungen und Fehlhaltungen zu vermeiden. Wechseln Sie idealerweise zwischen dem Arbeiten am Schreibtisch und an einem Stehpult ab. Eine gute Alternative sind hierfür auch höhenverstellbare Tische. Aber auch beim Arbeiten am Stehpult sollten ein paar Grundlagen eingehalten werden.
Denn wer falsch steht, tut dem Rücken nichts Gutes, sondern verlagert die verkrampfte Haltung nur vom Sitzen ins Stehen. Die beiden Grafiken zeigen, wie eine richtige Haltung aussieht – und wie nicht.
Schon gewusst?
Bürotätigkeiten, die hauptsächlich im Sitzen durchgeführt werden, stellen neben Pflegeberufen und Tätigkeiten auf der Baustelle ein Risiko für die Gesundheit des Rückens dar.
Facharzt für Orthopädie und Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin
Interview mit Dr. Albert Güßbacher
„Rückenschmerzen? Sitz doch gerade!“ Nicht mehr als ein gutgemeinter Ratschlag?
„Rückenschmerzen beruhen in etwa 80 Prozent auf einer zu schwachen Rückenmuskulatur, die verhindert, dass wir dauerhaft aufrecht sitzen und eine korrekte Körperhaltung einnehmen. Dieses Problem lässt sich sicherlich nicht durch einen Befehl wie „Sitz gerade!“ lösen. Der Fokus sollte darauf liegen, dem Betroffenen ans Herz zu legen, seine Rückenmuskulatur zu stärken. Denn eine schwache Muskulatur lässt uns automatisch in eine schlaffe Position zurückfallen. Und häufig verschärft sich die Situation: Durch die Fehlhaltung im Sitzen kommt es zu einer Fehlbelastung des Rückens und zu Verspannungen. Betroffene nehmen daraufhin eine schmerzbedingte Schonhaltung ein, die die Verspannungen verschlimmert. Nur ein gezieltes Training der rumpfaufrichtenden Muskulatur kann diesen Teufelskreis durchbrechen. Am besten klappt das mit physiotherapeutischer Begleitung: Auf die Analyse der Muskelschwäche – oft sind die Muskeln betroffen, die die Schultern nach hinten ziehen – folgt die Erstellung eines individuellen Trainingsprogramms. Doch jeder kann selbst etwas dafür tun, seine Muskulatur zu kräftigen. Viele Fitnessstudios beispielsweise bieten einen Rückenzirkel an. Doch lassen Sie sich bitte zeigen, wie Sie die Übungen korrekt ausführen. Unsachkundiges Training an Geräten entpuppt sich schnell als kontraproduktiv, wenn schwache Muskeln überlastet werden und sich der Schmerz verstärkt.“
Die Grundvoraussetzung für einen rückenfreundlichen Alltag im Büro ist ein Arbeitsplatz, der individuell an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst ist. So sollte zum Beispiel die Höhe der Arbeitsfläche und des Bürostuhls so eingestellt sein, dass die Beine im rechten Winkel auf dem Boden stehen und die Unterarme mit entspannten Schultern auf der Arbeitsfläche zum Liegen kommen.
Um einerseits gerades Sitzen im Büro zu fördern und andererseits die Nacken- beziehungsweise Schultermuskulatur — genauso wie die Augen — nicht übermäßig zu beanspruchen, ist es wichtig, auch die Höhe des Monitors der Körpergröße anzugleichen. Als Anhaltspunkt dient dafür die Oberkante des Bildschirms. Diese sollte sich genau auf Augenhöhe befinden. Arbeiten Sie bei Verwendung eines Laptops bestenfalls an einem separaten Monitor oder nutzen Sie einen Notebookständer, der die richtige Arbeitshöhe gewährleistet. Extern angeschlossene Maus und Tastatur sollten dabei nicht fehlen.
Vermeiden Sie außerdem, den oder die Bildschirme zu weit außerhalb des zentralen Blickfelds zu platzieren. Häufiges Drehen oder eine dauerhaft gedrehte Haltung des Kopfes machen sich schnell durch Verspannungen in der Muskulatur des Nackens oder des oberen Rückens bemerkbar.
Tipps im Video: Arbeitsplatz mit Laptop richtig einrichten
Sportwissenschaftler sind sich einig: Den Bewegungsmangel nach einem langen Tag im Büro sollte man nicht einfach ignorieren. Trotz eines langen Arbeitstages ist es deshalb essenziell, aktiv zu werden und dem Körper etwas Gutes zu tun.
Doch welche Sportarten dienen der Prävention von Rückenschmerzen? Entscheiden Sie danach, was Ihnen Spaß macht! Solange Sie keine schnellen, ruckartigen Bewegungsabläufe ausführen, bei denen weitere Verspannungen oder Zerrungen entstehen können, ist jede Art der Bewegung geeignet.
Besonders rückenfreundliche und gelenkschonende Sportarten sind beispielsweise Brustkraulen und Rückenschwimmen. Aufgrund des Auftriebs im Wassers wird der Rücken entlastet und seine Muskulatur durch die Schwimmbewegungen gleichzeitig trainiert. Ebenso bieten sich
Über den Sport hinaus sind hierfür zum Beispiel auch Übungen empfehlenswert, die Sie sowohl am Arbeitsplatz als auch zu Hause umsetzen können:
Kutschersitz: Rutschen Sie auf Ihrem Bürostuhl so weit wie möglich nach hinten. Die Lendenunterstützung des Stuhles entlastet Ihre Wirbelsäule. Gehen Sie ab und zu in den sogenannten „Kutschersitz“. Dazu stützen Sie sich mit den Ellbogen auf Ihren Oberschenkel ab und lassen den Kopf entspannt hängen. Dies streckt und lockert Ihre Wirbelsäule.
Leiterklettern: Strecken Sie Ihre Hände bei aufrechtem Oberkörper in Richtung Decke. Stellen Sie sich vor, Sie würden eine Leiter hinaufklettern. Greifen Sie abwechseln mit der linken und rechten Hand nach oben. Halten Sie Ihren Oberkörper so ruhig wie möglich, ohne die Wirbelsäule zu verdrehen. Atmen Sie entspannt ein und aus. Die Muskulatur im Rücken wird allmählich gelockert und entspannt.
Schulterkreisen: Diese Übung kann zur Lockerung der oberen Rücken- und Nackenmuskulatur und zur Streckung der Rückenmuskulatur genutzt werden. Setzen Sie sich dafür aufrecht hin. Führen Sie mit Ihren Schultern kreisende Bewegungen nach vorne oder nach hinten aus.
In vielen Fällen ist es bereits ausreichend, wenn Sie eine der genannten Aktivitäten durchführen. Wichtig ist, dass dies regelmäßig geschieht. Nur so stellt sich ein entsprechender Effekt ein und Sie beugen Rückenschmerzen und Verspannungen vor.
Jan ZimmermannEgal ob Video, Foto oder Text – Hauptsache die Kreativität kommt nicht zu kurz. Noch während seines Masterstudiums der Medienwissenschaften und der Arbeit als Multimedia Content Creator in München, entwickelte Jan Zimmermann eine Passion für das Schreiben. Seit 2018 lebt er diese als Medizinredakteur bei kanyo® aus.wm@xnalb.qr
Jan
Zimmermann
Medizinredakteur und Medienwissenschaftler
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