Auf einen Blick: Wissenswertes zum Schröpfen

  • typische Einsatzgebiete (Auswahl): Rückenschmerzen, Osteoporose (Knochenschwund), Ischias-Beschwerden, Störungen der Verdauung, Kopfschmerzen
  • Behandlungsziele (speziell bei Erkrankungen des Bewegungsapparates): Schmerzen reduzieren, Beweglichkeit verbessern, Entzündungen eindämmen, Verspannungen und Verhärtungen lösen
  • Methoden: trockenes Schröpfen, blutiges (feuriges) Schröpfen, Schröpfmassage
  • Schröpfgläser: glockenförmig, mit rundem oder ovalem, leicht gewulsteten Rand, verschiedene Größen, dick- und dünnwandig
  • Schmerzen: möglich (verstärkt bei Personen mit zierlichem Körperbau); ebenso wie Blutergüsse und kleine Narben (beim blutigen Schröpfen)
  • Nebenwirkungen/Komplikationen: möglicherweise Übelkeit, Schwindel, Schläfrigkeit, Harndrang, Kreislaufschwäche; zudem ist ein lokales Infektionsrisiko (beim blutigen Schröpfen) möglich
  • Kosten: zwischen 20 und 40 Euro, abhängig von Dauer und Anwendung1

Was genau passiert beim Schröpfen?


Laut der Lehre der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) bestehen zwischen der Haut, dem Bindegewebe, den Knochen-Sehnen-Strukturen und den inneren Organen reflektorische Verbindungen, die auch als Leitbahnen oder Meridiane bezeichnet werden. Ziel der Schröpftherapie ist es, diese Leitbahnen, durch welche die Lebensenergie (Qi) fließt, zu stimulieren, und so den Energiefluss im Körper wieder in Einklang zu bringen. Denn ist der Energiefluss gestört oder gar unterbrochen, können dadurch gesundheitliche Probleme wie Rückenschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden oder auch Erkältungen entstehen.

Im ersten Moment mag es sich seltsam anhören, dass mit Schröpfgläsern, die der Therapeut zumeist am Rücken anbringt, auch entferntere Körperbereiche (also außerhalb des Rückens) in ihrer Funktion reguliert werden sollen. Zurückzuführen ist das auf die sogenannten Head-Zonen (auch HEADsche Zonen). Jedem Organ ist auf dem Rücken ein Hautareal zugeordnet. Bestimmte Nervenfasern verbinden Organe und Reflexzonen der Haut. Findet nun durch das Schröpfen eine Aktivierung der Reflexzonen am Rücken statt, soll sich durch sogenannte kutiviszerale (mit Wirkung von der Haut auf die inneren Organe) Reflexe auch das zugehörige, erkrankte Organ positiv beeinflussen lassen. Durch das Schröpfen soll der Körper belebt und unsere, laut TCM angeborenen, Kräfte zur Selbstheilung angestoßen werden.

Schröpfen: Physikalische Prozesse im Körper kurz und knapp zusammengefasst

  1. Indem durch die Schröpfgläser ein Unterdruck/Sog erzeugt wird, verformt sich die Haut.
  2. Die Nervenendungen in der Haut registrieren die “physische” Veränderung, diesen Zug- und Dehnungsreiz, und reagieren.
  3. Es erfolgt eine Meldung ans zentrale Nervensystem, woraufhin Gewebshormone ausgeschüttet werden.
  4. Blutgefäße erweitern sich und das Gewebe wird lokal stärker durchblutet.

Vorbereitung

Vor dem Schröpfen tastet der Therapeut – in der Regel ein Heilpraktiker – den Rücken ab, um sogenannte Gelosen (Verhärtungen der Haut) festzustellen. Von der Beschaffenheit der Gelosen hängt ab, welche Schröpftechnik erfolgversprechend ist: Trockenes Schröpfen bei sogenannten weißen Gelosen (tiefer sitzende Verhärtungen), blutiges Schröpfen bei roten Gelosen (prall, oberflächlich gut zu ertasten).2

Es geht los

Schröpfgläser mit Gummibällen in verschiedenen Größen für Schröpfen am Rücken.

Beim Schröpfen setzt der Schröpftherapeut spezielle Gläser direkt am Körper (meist am Rücken) an. Damit sie Halt auf der Haut finden, erzeugt er in den Gläsern ein Vakuum (Unterdruck), welches schließlich die Haut ins Innere des Schröpfglases einsaugt. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten, beispielsweise durch

  • einen mit dem Schröpfglas verbundenen Gummiball oder
  • das Erhitzen der Luft im Glas.

Bei letzterem wird ein mit Alkohol getränkter Zellstoffballen entflammt, kurz ins Glas gehalten und wieder entfernt. Die sich anschließend abkühlende Luft im Inneren des Glases zieht sich zusammen und erzeugt ein Vakuum. Der entstandene Sog auf die Haut führt zu gewollten Schmerzreizen, woraufhin die Leitbahnen aktiviert werden.Der Körper soll so dabei unterstützt werden, Botenstoffe freizusetzen, die schmerzlindernd, muskelentspannend und antientzündlich wirken. Außerdem kommt es zu einer Steigerung der Durchblutung. Durch das Aufsetzen der Schröpfgläser wird die Zirkulation von Blut und Lymphe (Flüssigkeit in Lymphgefäßen; bestehend aus Eiweißen, Mineralsalzen und Wasser) stimuliert.

Nach dem Schröpfen

Der Therapeut entfernt die Gläser, sowohl beim trockenen als auch blutigen Schröpfen in der Regel nach 10 bis 15 Minuten.3 Danach massiert er die behandelten Hautstellen. Im Anschluss an die Schröpfbehandlung sollte sich der Patient hinlegen beziehungsweise noch etwas liegenbleiben und entspannen.

Methoden des Schröpfens


Grundsätzlich wird zwischen dem trockenen und dem blutigen Schröpfen sowie der Schröpfmassage unterschieden. Letztere ist eine Sonderform der trockenen Schröpftherapie.

Trockenes Schröpfen

Beim trockenen Schröpfen, bei dem der nervale Stimulus (Reiz) im Fokus steht, bleibt die Haut unverletzt, sie wird nicht wie beim blutigen Schröpfen angeritzt, es tritt somit kein Blut aus. Das notwendige Vakuum in den Schröpfgläsern wird mit Hilfe eines Gummiballs, einer Vakuumpumpe oder einem brennenden, alkoholgetränkten Zellstoffballen oder ähnlichem, der kurz in das Innere des Glases gehalten wird, erzeugt. Der Saugreiz, der entsteht, wenn die Gläser auf die Haut aufgesetzt werden, kann dazu führen, dass Blutbestandteile aus dem Gefäßsystem in das Zwischenzellgewebe (Perivasculum) übertreten. Das ruft die körpereigene “Müllabfuhr” – Abwehr- und Fresszellen – auf den Plan. Sie kümmern sich um die ausgetretenen und zerfallenen Blutkörperchen und bauen diese ab. Durch diesen Mechanismus, infolgedessen auch ein Bluterguss entsteht, wird der Stoffwechsel angeregt.4

Für wen ist die Trockenschröpfung beispielsweise geeignet?

  • Personen mit Störungen der Durchblutung von Gliedmaßen oder der Haut5
  • Patienten mit Arthrose

Blutiges Schröpfen

Beim blutigen Schröpfen ritzt der Schröpftherapeut mit einem Schröpfschnepper, an dem mehrere kleine Klingen angebracht sind, die Hautoberfläche des Patienten vor der Anwendung an. Mit Hilfe des Unterdrucks der Schröpfgläser wird dann Blut aus dem Körper gesogen. Das ausgeleitete Blut wird vom Organismus durch Gewebewasser ersetzt und so in seiner Fließeigenschaft verbessert.

Die Schröpfgläser werden nach circa 10 bis 15 Minuten entfernt.3 Hinsichtlich der ausgeleiteten Blutmenge finden sich viele verschiedene Angaben: Mal liegt sie zwischen 10 und maximal 100 Millilitern1, mal ist sie angegeben mit maximal 300 Millilitern.6 Zwischen den Schröpfsitzungen sollten 4 bis 8 Wochen liegen, je nachdem, wie gut der Patient das blutige Schröpfen verträgt.6

Für wen beispielsweise ist das blutige Schröpfen geeignet?

  • Patienten mit Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule (zum Beispiel ein Hexenschuss)

Schröpfmassage

Bei der sanftesten Methode des Schröpfens ölt der Therapeut die zu behandelnde Hautpartie ein, bevor er den unter leichtem Vakuum stehenden Schröpfkopf über den gesamten Rücken bewegt. Ähnlich einer Massage wird dadurch die Muskulatur gelockert. Der Therapeut hört mit der Schröpfkopfmassage auf, wenn der behandelte Hautbezirk eine bläuliche oder rötliche Verfärbung aufweist.6

Für wen ist die Massage beispielsweise geeignet?

Sie möchten wissen, wie die Schröpfmassage und das trockene Schröpfen in der Praxis aussehen? Eine Heilpraktikerin demonstriert beide Anwendungen an einer Patientin.

Bei Stauungserscheinungen des Blutes beispielsweise ist übrigens das Anlegen von medizinischen Blutegeln (Hirudo medicinalis) eine Alternative zum Schröpfen. Während sie Blut aufsaugen, geben sie einen verflüssigenden und entzündungshemmenden Stoff (Hirudin) ab. Klassisch angewendet werden Blutegel zum Beispiel bei chronisch entzündeten Gelenken oder bei Entzündungen der Venen. Doch auch bei diesem Verfahren gilt: Sprechen Sie vorab mit Ihrem behandelnden Arzt, denn Nebenwirkungen wie Lokalreaktionen und Narbenbildungen an den Bissstellen sind nicht gänzlich auszuschließen.

Schonend schröpfen Das ist zu beachten


Um Reizungen der Knochenhaut zu vermeiden, dürfen die Schröpfgläser weder direkt über der Wirbelsäule, noch an Knochenvorsprüngen angebracht werden. Sollten infolge des Schröpfens an den behandelten Hautarealen Bläschen erscheinen, ist es wichtig, diese nicht aufzustechen. Stattdessen sollten Sie die Bläschen für einige Tage verbinden und warten, bis diese ausgetrocknet sind und sich abgelöst haben.6 Selten im Leben gilt: “Viel hilft viel.” Das trifft auch auf das Schröpfen zu. Geben Sie Ihrem Körper Zeit, sich auf die Behandlungsart einzustellen. Experten empfehlen eine einschleichende Dosierung, das heißt, mit einer kürzeren Behandlungszeit sowie einem relativ leichten Vakuum zu starten und erst einmal weniger empfindliche Hautbezirke zu behandeln.

Doch wie oft kann man sich überhaupt schröpfen lassen?

  • Patienten, die älter oder geschwächt sind: 3 Behandlungen pro Woche6
  • Normalpatienten: täglich; jedoch sollen Stellen, die noch gerötet sind oder an denen noch Blutergüsse sichtbar sind, nicht behandelt werden6

Ein bisschen Geduld ist auch vonnöten: Bis sich ein Behandlungserfolg einstellt und sich die Beschwerden mildern, sind meist 4 Sitzungen erforderlich.6 Manchmal geht es schneller (2 Termine), manchmal dauert es länger (8 Termine).6

Schröpfen & Rücken


Es gibt zahlreiche Schröpforte am Rücken. Der Schröpftherapeut behandelt diese gezielt nach den vorliegenden Beschwerden. Nachfolgend wird eine kleine Auswahl (kein Anspruch auf Vollständigkeit!) aufgelistet:7

Scroll Table
Wo wird geschröpft?Anwendungsgebiete (Indikation)
NackenzoneSchleudertrauma der Halswirbelsäule, Okzipitalneuralgie (Nervenschmerzen im Bereich des Nackens)
SchulterdreieckWirbelgelenkblockaden (im Bereich der Halswirbel oder der oberen Brustwirbel)
NierenzoneRückenschmerzen, Weichteilrheumaschmerzen (nicht knöcherne Strukturen wie Muskeln oder Bänder sind betroffen)
Lumbalecke (auf Höhe des zweiten bis dritten Lendenwirbels in einem genau definierten Winkel)Lumbago (Hexenschuss)

Achtung: In einigen Literaturquellen wird konsequent davon abgeraten, in der Nierenzone blutig zu schröpfen.3 Andere verweisen darauf, dass sowohl von der blutigen als auch der trockenen Schröpfung Abstand genommen werden soll, bei Personen mit schmächtigem Körperbau (Astheniker) oder wenn eine fortgeschrittene Nierenerkrankung vorliegt.7Daher an dieser Stelle der Hinweis: Sprechen Sie Ihren behandelnen Arzt darauf an, wenn Sie vorhaben, sich schröpfen zu lassen, um mögliche Nebenwirkungen zu vermeiden.

Aha!

In der tibetanischen, chinesischen, indischen, arabischen und persischen Medizin ist das Schröpfen weit verbreitet. Eine Arbeitsgruppe aus dem Iran belegte in zwei Studien, dass durch das Schröpfen nach traditioneller Technik eine deutliche Besserung chronischer Rückenschmerzen erreicht werden kann.

Schröpfen: Nicht bei allen anwendbar


Es gibt einige Personengruppen, die aus gesundheitlichen Gründen auf das Schröpfen gänzlich verzichten sollten oder bei denen es besonderer Vorsicht bedarf.

Einer Schröpfbehandlung sollten sich keinesfalls Personen unterziehen, die

  • an Hauterkrankungen wie Schuppenflechte oder Nesselsucht leiden,
  • Störungen der Blutgerinnung oder Wundheilung aufweisen sowie
  • auf blutverdünnende Medikamente angewiesen sind.

Von ärztlicher Seite aus abzuklären ist die Schröpftherapie unter anderem bei Personen mit

  • frischen Wunden,
  • Morbus Sudeck (nach einer Verletzung Dauerschmerz im Bereich einer Wunde),
  • Diabetes,
  • Tumoren,
  • niedrigem Blutdruck,
  • akuten Entzündungen der Haut,
  • Krampfadern und
  • Narben, die zur Bildung von Keloiden (Wulstnarben) neigen.

Auch bei schwangeren Frauen obliegt die Entscheidung, ob die Schröpftherapie erlaubt ist oder nicht, dem behandelnden Arzt. Und selbst bei ärztlichem “ok” müssen die Körperpartien über dem Becken, Kreuzbein oder Bauch ausgespart bleiben. Liegt eine Risikoschwangerschaft vor, darf keinesfalls geschröpft werden.

Löst das Schröpfen gesundheitliche Probleme?


Die weit gefächerte Schröpftherapie sollte nicht in Eigenregie erfolgen, weswegen an dieser Stelle auch keine konkrete Anleitung zum Schröpfen des Rückens gegeben werden kann. Begeben Sie sich bitte in die Hände eines Fachmannes. Außerdem ist es wichtig, vorab Rücksprache mit Ihrem behandelnden Arzt zu halten, um auszuschließen, dass Ihre Beschwerden von einem ernsteren Krankheitsbild herrühren, das einer anderweitigen Therapie bedarf. Generell ist die Schröpftherapie nicht als alleinige, sondern als unterstützende Behandlung zu sehen.9 Chronische Beschwerden, beispielsweise des Bewegungsapparates oder Nervensystems, verschwinden auch durch die Schröpftherapie nicht. Doch die Naturheilmethode kann dazu beitragen, dass sich Betroffene besser fühlen und ein Stück an Lebensqualität gewinnen.

Lassen Sie sich ausführlich von Ihrem behandelnden Arzt oder einem Heilpraktiker, der versiert ist in der Schröpftherapie, zu den Möglichkeiten und Grenzen des Schröpfens beraten.

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Julia Lindert Die Ressortjournalistin Julia Lindert spezialisierte sich während ihres Studiums auf die Themenfelder Medizin und Biowissenschaften. Medizinische Sachverhalte in verständlicher Sprache zu formulieren, ist das, was sie an ihrer Arbeit besonders mag. Ihr Credo in Bezug auf Krankheitsbilder und Therapiemöglichkeiten: Nichts beschönigen, aber auch keine unnötigen Ängste schüren. Julia Lindert Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
Quellen anzeigen
  • 1Bund Deutscher Heilpraktiker e.V. (BDH): Schröpftherapie. Konzept und Wirkung. URL: https://www.bdh-online.de/lexikon/schroepftherapie/ - Stand 07.01.2020
  • 2Krankenhaus St. Joseph-Stift GmbH: Schröpfkopftherapie. URL: https://www.sjs-bremen.de/unsere-kompetenzen/naturheilverfahren/behandlungsverfahren/schroepfkopftherapie.html - Stand 09.01.2020
  • 3Strich, Roland / Rarreck, Thorsten / Zhang, Zheng: TCM in der Sportmedizin. Stuttgart: Haug Verlag 2011. S. 53.
  • 4Frenkel, Wolf Gerhard / Molnar, U. Pecs Zoltan / Bamberger, Georg: Gesund durch Schröpfen. Stuttgart: Schattauer 2010. S. 28 + 29.
  • 5Abele, Johann: Das Schröpfen. Ein bewährtes naturheilkundliches Verfahren. München: Elsevier 72015. S. 33 – 44.
  • 6Frenkel, Gerhard / Molnar, U. Pecs Zoltan / Bamberger, Georg: Gesund durch Schröpfen. Grundlagen und Anwendung. Stuttgart: Schattauer 22014. S. 6 – 20.
  • 7Abele, Johann: Das Schröpfen. Ein bewährtes naturheilkundliches Verfahren. München: Elsevier 72015. S. 53 – 68.
  • 8Otto, Beatrix: Schröpfen. Grundlagen – Indikationen – Therapie. München: Elsevier 2019. S. 2.
  • 9Frenkel, Gerhard / Molnar, U. Pecs Zoltan / Bamberger, Georg: Gesund durch Schröpfen. Grundlagen und Anwendung. Stuttgart: Schattauer 22014. S. 34.