Was ist das Halswirbelsäulensyndrom (HWS-Syndrom)?


Der Begriff HWS-Syndrom umfasst alle Beschwerden, die im Bereich der Halswirbelsäule auftreten oder von dort ausgehen. Sprich, deren Schmerzen bis in andere Körperbereiche wie Kopf, unterer Rücken oder Arme ausstrahlen. Eine weitere Bezeichnung für das Halswirbelsäulensyndrom lautet Zervikalsyndrom

Was ist ein Syndrom?

In der Medizin und Psychologie wird das Wort „Syndrom“ verwendet, wenn eine Gruppe von Symptomen gleichzeitig auftritt. Verschiedene Krankheiten können Ursache für einen solchen Symptomenkomplex sein.

„Syndrom“ ist also nicht gleichbedeutend mit dem Wort „Krankheit“. Denn damit ist die Störung einer Organfunktion, der Psyche oder des gesamten Organismus gemeint.

Darstellung der sieben Wirbel der Halswirbelsäule. Die sieben Wirbel der Halswirbelsäule.

Sieben Halswirbel (Zervikalwirbel) zwischen Kopf und Brustwirbelsäule bilden die Halswirbelsäule. Je nachdem, in welchem Bereich die Beschwerden dort auftreten, wird das HWS-Syndrom wie folgt unterteilt:  

• oberes (Halswirbel 1 bis 2), 

• mittleres (3 bis 5) oder 

• unteres HWS-Syndrom (6 bis 7). 

Aber auch anhand der Dauer der vorliegenden Symptome kann eine Einteilung erfolgen: akut (unvermittelt auftretend), subakut (Zwischenstufe) oder chronisch (lang andauernd).  

Überblick: Mögliche Ursachen des HWS-Syndroms


Ähnlich wie bei Syndromen der Brustwirbelsäule oder Lendenwirbelsäule kommen auch für das HWS-Syndrom verschiedene Ursachen infrage, die dazu führen, dass die Halswirbelsäule stark beansprucht wird.  

Häufig wird das HWS-Syndrom durch eine akute Blockade von Wirbelgelenken hervorgerufen.1 Eine solche Wirbelblockade kann durch verschiedene Ursachen bedingt sein. Zu den potenziellen Auslösern gehören unter anderem: 

  • Verspannungen der Nackenmuskulatur: meist durch Fehlhaltung, langes Sitzen, einseitige Körperhaltung, Stress sowie generellen Bewegungsmangel ausgelöst 
  • degenerative Ursachen: vor allem alters- und verschleißabhängige Veränderungen an den Wirbeln oder den Bandscheiben, beispielsweise ein Bandscheibenvorfall oder Spondylose  
  • posttraumatische Auslöser: in erster Linie Verletzungen und Unfälle (zum Beispiel ein Schleudertrauma nach einem Auffahrunfall) 

Die Folgen: Die Halswirbelsäule ist nicht mehr so gut beweglich, es kommt zu schmerzhaften Einschränkungen beim Drehen und Neigen (Stichwort: steifer Nacken). Zudem können die Beschwerden in Schulter und Arme ausstrahlen. In der Regel handelt es sich um eine kurzfristige und heilbare Veränderung. 

Dauer des HWS-Syndroms: 

Wie lange Betroffene mit den Beschwerden rechnen müssen, lässt sich leider nicht fest bestimmen, da die Schmerzen und Einschränkungen von der jeweiligen Ursache abhängen. Dennoch ist eine grobe Einschätzung des Krankheitsverlaufs möglich:2 

  • akut (plötzlich, schnell): bis zu 3 Wochen 
  • subakut (mäßig schnell): zwischen 4 und 12 Wochen 
  • chronisch (lange dauernd): mehr als 12 Wochen 

In den meisten Fällen verschwinden die HWS-Beschwerden nach wenigen Tagen. Doch halten sie weiter an, treten immer wieder auf oder kommen weitere Einschränkungen wie Schwindel oder Lähmungserscheinungen hinzu, ist ein Besuch beim Hausarzt dringend angeraten, um der genauen Ursache auf den Grund zu gehen. 

Demgegenüber kommt es beim chronischen HSW-Syndrom zu einer dauerhaften Einschränkung der Kopf- und Halsbeweglichkeit. Mögliche Ursachen hierfür sind neben Verschleißerscheinungen zum Beispiel:  

  • angeborene Entwicklungsstörungen und Missbildungen der Wirbelsäule: beispielsweise Skoliose, wenn diese von Brust- und Lendenwirbelsäule aufsteigt  
  • entzündliche Erkrankungen: dazu gehören Rheumatoide Arthritis sowie infektiöse Erkrankungen der Halswirbelsäule, beispielsweise Spondylitis 

Typische Symptome des HWS-Syndroms


Frau hat Schmerzen im Nacken, da sie am HWS-Syndrom leidet.

Das HWS-Syndrom hat viele Gesichter – verschiedene Symptome liegen gleichzeitig vor. Zu den häufigsten Beschwerden gehören eine versteifte Muskulatur sowie Hals- Nacken- und Kopfschmerzen mit ausstrahlenden Schmerzen in andere Körperregionen. Die Schmerzen können sich verstärken, wenn Betroffene bestimmte Bewegungen ausführen, den Kopf beispielsweise drehen, neigen oder schräg kippen. 

Mögliche Symptome des HWS-Syndroms auf einen Blick:

  • Hals- oder Nackenschmerzen 
  • verspannte Muskulatur auf Höhe der Schultern und des Nackens 
  • Kopfschmerzen 
  • schmerzhafte Ausstrahlungen (Arme, Schultergürtel, Schulterblattbereich) 
  • Schwindel 
  • Empfindungsstörungen wie Taubheits- oder Kribbelgefühle in Fingern und Armen 
  • gestörter Nachtschlaf 
  • Schluckbeschwerden  
  • Ohrensausen beziehungsweise -klingeln (Tinnitus) 
  • Sehstörungen wie Augenflimmern 

Dabei leidet nicht jeder Betroffene zwangsläufig an allen Beschwerden. Ganz im Gegenteil: Wo die Symptome genau auftreten, kann dem Arzt einen Hinweis darauf geben, welcher Teil der Halswirbelsäule betroffen ist. So deuten Kopfschmerzen eher auf Komplikationen im oberen Bereich hin, während Schulterbeschwerden häufig mit Problemen in der unteren HWS in Verbindung gebracht werden. 

Warum kommt es beim HWS-Syndrom häufig zu Kopfschmerzen?

Verkrampfen die Muskeln im Nackenbereich, drückt dies mitunter auf Nerven, die im Kopfbereich verlaufen.3 Diese Hinterhauptnerven sind eng mit verschiedenen Halsmuskeln verbunden und können bei verspannter Nackenmuskulatur gereizt werden. Das äußert sich durch Kopfschmerzen, die vom Hinterhaupt helmartig bis zur Stirn ausstrahlen.

Diagnose des HWS-Syndroms: Was passiert beim Arzt?


Zur Diagnose des HWS-Syndroms gehört zunächst ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten (Anamnese). Der Arzt wird sich in der Regel danach erkundigen, 

  • wie lange die Beschwerden bereits bestehen, 
  • ob sie plötzlich aufgetreten sind oder sich eher schleichend entwickelt haben und 
  • ob der Patient möglicherweise vor kurzem einen Unfall hatte. 

Im Anschluss daran erfolgt für gewöhnlich die körperliche Untersuchung. Der Mediziner testet hierbei, wie beweglich Nacken, Schultern und Arme sind und nimmt eine Etagendiagnostik, also Höheneinordnung vor. Die Muskulatur prüft er auf Verspannungen und Verhärtungen hin sowie auf druckempfindliche Bereiche.  

Das Anfertigen einer Röntgenaufnahme vervollständigt in der Regel die Diagnosestellung. Bestehen weiter Zweifel an der genauen Ursache, kann auch eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt werden. 

Wie wird das Halswirbelsäulen-Syndrom behandelt?


Frau mit HWS-Syndrom erhält eine Massage.

Zur Behandlung selbst kommen verschiedene Methoden infrage, die sich zum Teil ergänzen und nach der Ursache des HWS-Syndroms richten. Liegt eine akute Wirbelblockade vor, kann diese meist durch konservative Behandlungsmethoden gelöst werden.  

Zur Auswahl stehen zum Beispiel:  

  • Schmerzmittel mit entzündungshemmenden Substanzen wie Diclofenac oder Ibuprofen. Sie schalten den Schmerz aus und ermöglichen so eine bessere Beweglichkeit des HWS-Bereichs.  
  • Akupressur (Druckerzeugung mit den Fingern) und Akupunktur (Stimulierung über feine Nadeln) wirken nach dem Verständnis der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) wie folgt: Blockaden sollen sich lösen, Energieströme durch den Körper wieder fließen und so Schmerzen lindern.4  
  • Wärme trägt zur Entspannung der Muskulatur bei, viele Betroffene empfinden diese als wohltuend und schmerzlindernd. Mögliche Wärmequellen sind Rotlicht-Lampen, Wärmekissen oder -flasche oder ein Saunagang.  

Schon gewusst?

Durchblutungsfördernde Salben oder Pflaster funktionieren auch mit der lindernden Wirkung der Wärme. Häufig finden hier Präparate auf Hitzereiz erzeugender Capsaicin-Basis Anwendung. Capsaicin ist ein natürlich vorkommendes Alkaloid (stickstoffhaltige Base), das sich in verschiedenen Paprika-Arten findet.

  • Physiotherapie dient der Stärkung der Wirbelsäulenmuskulatur. Mithilfe gezielter Übungen können die Beweglichkeit verbessert und Schmerzen gelindert werden, indem sie Fehlhaltungen korrigieren und die allgemeine Stabilität der HWS erhöhen. 
  • Massagen helfen dabei, verspannte Muskeln zu lockern und die Durchblutung zu fördern. Sie können Schmerzen im HWS-Bereich reduzieren, indem sie gezielt auf die betroffenen Muskelpartien einwirken und so zu einer Entlastung führen. 
  • Manuelle Therapie nutzt spezielle Grifftechniken, um Blockaden und Funktionsstörungen in der HWS zu lösen. Ziel ist es, die Beweglichkeit der Gelenke zu verbessern und muskuläre Verspannungen zu reduzieren. 
  • Chiropraktik fokussiert sich auf die Diagnose und Behandlung von mechanischen Störungen des Bewegungsapparates, insbesondere der Wirbelsäule. Durch gezielte Manipulationen der Halswirbelsäule sollen Blockaden gelöst und die natürliche Beweglichkeit wiederhergestellt werden. 
Rückenbeschwerden:
Experteninterview mit Sebastian Kästle

Heilpraktiker und Osteopath in München

Rückenbeschwerden:
Experteninterview mit Sebastian Kästle
Bild von Sebastian Kästle

Welchen Rat geben Sie Ihren Patienten, um Rückenbeschwerden in den Griff zu bekommen?

„Jeder Patient muss auch selbst aktiv werden und etwas für seinen Rücken tun! Dazu zählt zum Beispiel die Ergonomie am Arbeitsplatz. Auch ein ausgleichendes Bewegungsprogramm spielt bei der Therapie des Beschwerdebildes eine wichtige Rolle. Bei Rückenschmerzen sollte unbedingt zur genaueren Abklärung ein Arzt oder Heilpraktiker aufgesucht werden.“

Auf welche homöopathischen Wirkstoffe setzen Sie bei der Behandlung?

„Neben einem ganzheitlich osteopathischen Behandlungsansatz verordne ich unterstützend häufig ein homöopathisches Komplexmittel. Es enthält einen einzigartigen, nachhaltigen Wirkkomplex aus 6 Mineralstoffen (Kieselsäure, Zink, Eisen(III)-phosphat und ein wertvolles Calcium-Trio). Insbesondere die darin enthaltene Kieselsäure (Acidum Silicium) und das Kalziumfluorid (Calcium fluoratum) wirken positiv auf das Fasziengewebe, das bei Schmerzzuständen oft stark verklebt ist.“

Für eine erholsame Nacht: Wie Sie trotz HWS-Syndrom gut schlafen


Falsches Liegen und eine ungeeignete Schlafumgebung können zu Verspannungen und Schmerzen im Nackenbereich führen beziehungsweise die Symptome des HWS-Syndroms verschlimmern. Um dies zu vermeiden, können Sie folgende Tipps ausprobieren: 

  • So liegen Sie richtig: Am schonendsten ist das Liegen auf dem Rücken oder auf der Seite. Die Bauchlage führt dagegen zu einer Überstreckungen der Halswirbelsäule und stellt somit eine Belastung für den Hals-Nacken-Bereich dar.  
  • Kissen je nach Lage: Wenn Sie Bauchschläfer sind und es sich nicht so leicht abgewöhnen können oder möchten, sollten Sie zumindest ein sehr dünnes Kopfkissen zu verwenden – oder gar keins. So bleibt die Halswirbelsäule eine annähernd gerade Verlängerung der restlichen Wirbelsäule. Bei Seitenschläfern und Rückenschläfern sollte der Nackenbereich durch das entsprechende Kissen mit dem gleichen Ziel unterstützt werden, zum Beispiel durch ein spezielles Nackenstützkissen. 
  • Die Matratze macht‘s: Investieren Sie in eine hochwertige Matratze, die die Wirbelsäule und vor allem den Halswirbelbereich optimal unterstützt. Auf Höhe des Gesäßes und der Schultern sollte sie etwas nachgeben. Der Härtegrad richtet sich nach dem jeweiligen Körpergewicht (je schwerer die Person, desto härter die Matratze). 

HWS-Syndrom vorbeugen: Was jeder selbst tun kann


Einige der Ursachen eines HWS-Syndroms liegen in der Lebensweise begründet und werden daher von jedem Menschen selbst beeinflusst. Bewegungsmangel und langes Sitzen – beides keine Seltenheit bei Büroarbeit – können Sie im Alltag durch sportliche Aktivitäten ausgleichen. Wenn Sie im Büro viel am Schreibtisch arbeiten müssen, ist es ein guter Tipp, zwischendurch oder in der Mittagspause ein paar Schritte zu gehen. 

Ebenfalls wichtig zur Prophylaxe eines Halswirbelsäulensyndroms sind ein kräftiger Rücken und eine aufrechte Haltung. Um eine gesunde Körperhaltung zu erlernen und die Rückenmuskulatur zu trainieren, ist eine Rückenschule sinnvoll. Im Rahmen dieses Präventionskonzepts gibt es verschiedene Übungen.

Beispielübungen für eine besser Beweglichkeit des Nackens

Wichtig: Der Rücken bleibt während der Übungen möglichst gerade.

  1. Drehen Sie den Kopf zunächst auf die rechte Seite und nicken Sie einige Male. Dann drehen Sie Ihren Kopf nach links und nicken auch hier mehrmals.
  2. Positionieren Sie das Kinn in Richtung des Brustbeins und vollziehen Sie eine Drehung des Kopfs erst nach rechts, im Anschluss nach links. Ein bisschen sieht es dann aus, als würden Sie den Kopf schütteln.
  3. Schieben Sie den Kopf so weit es Ihnen möglich ist nach vorne und nach hinten. Bei der Rückwärtsbewegung darf gerne ein Doppelkinn entstehen. Der Nacken sollte lang gestreckt werden.

Häufig gestellte Fragen zum HWS-Syndrom


Was genau ist das HWS-Syndrom?

Das HWS-Syndrom umfasst Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule, die auch in andere Körperregionen wie Kopf, Schultern oder Arme ausstrahlen können. Es wird unter anderem durch Verspannungen, degenerative Veränderungen oder Verletzungen verursacht.

Welche Symptome sind typisch für das HWS-Syndrom?

Typische Symptome für das HWS-Syndrom sind Nacken- und Kopfschmerzen, Verspannungen im Schulterbereich, Schwindel, Empfindungsstörungen wie Taubheitsgefühle und in einigen Fällen auch Schluckbeschwerden oder Sehstörungen.

Wie wird das HWS-Syndrom behandelt?

Das HWS-Syndrom wird durch eine Kombination aus Schmerzmitteln, Physiotherapie, Wärmebehandlungen und manuellen Therapien behandelt, je nach Ursache und Schweregrad der Beschwerden.

Wie kann man dem HWS-Syndrom vorbeugen?

Vorbeugen lässt sich dem HWS-Syndrom durch regelmäßige Bewegung, ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und gezieltes Training der Nacken- und Rückenmuskulatur.

Ist das HWS-Syndrom ein Bandscheibenvorfall?

Nein, das HWS-Syndrom ist kein Bandscheibenvorfall, kann jedoch durch einen solchen verursacht werden. Es umfasst eine Vielzahl von Symptomen, die auf verschiedene Ursachen im Bereich der Halswirbelsäule zurückzuführen sind.

Das interessierte andere Leser:

Carolin Stollberg Schreiben ist ihre Leidenschaft – und das am liebsten über Themen, die die Menschen wirklich bewegen. Nachdem sich Carolin Stollberg in ihrem Studium der Germanistik alle Instrumente angeeignet hat, die sie für das Schreiben guter Texte benötigt, konnte sie sich voll und ganz Ihren Interessensschwerpunkten widmen: Gesundheit und Medizin. Carolin Stollberg Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
Tanja Albert Von der Schülerzeitung übers Journalismus-Studium in die Online-Redaktion von kanyo® - Tanja Albert hat das Schreibfieber gepackt. Gemischt mit ihrem Interesse für Ernährungs- und Gesundheitsthemen stürzt sie sich Tag für Tag in die medizinische Recherche - und bringt das Ganze auch in die Sozialen Netzwerke, nämlich als Social Media Managerin. Tanja Albert Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
Quellen anzeigen