Was ist das CMD-Syndrom?

Beim CMD-Syndrom handelt es sich um eine Erkrankung des Kiefergelenks: Eine Fehlstellung der Gelenke zwischen Schädel und Unterkiefer führt zu einem nicht mehr passgenauen Biss. Die dadurch ausgelösten Beschwerden können vielfältig sein – von Schmerzen im Kopf-, Nacken- oder Rückenbereich bis hin zu Schlafstörungen ist alles möglich.

Der Aufbau eines gesunden Kiefers


Unser Unterkiefer (Mandibula) ist über das Kiefergelenk mit dem Oberkiefer (Maxilla) verbunden. Die Gelenkköpfe (auch Kieferköpfchen genannt) des Unterkiefers liegen hierbei in den sogenannten Gelenkpfannen, welche Teil des Schädels sind. Damit die Knochen nicht aufeinander reiben, schützt jeweils eine Knorpelscheibe, der Diskus, im Gelenkspalt die Kieferköpfchen und die Gelenkpfannen.

Illustration eines Menschen mit Hervorhebung des Kieferbereichs: Hier kann ein CMD-Syndrom vorkommen.

Das Kiefergelenk ist von einer Gelenkkapsel umschlossen. Bänder und Muskeln setzen am Gelenk an und sorgen für Stabilität und Beweglichkeit. Damit wir unseren Mund öffnen und schließen und auch härtere Nahrung zerkleinern können, benötigen wir eine starke Muskulatur. Über die Kaumuskulatur wird nur der Unterkiefer bewegt, während der Oberkiefer fest mit dem Jochbein und dem Nasenbein des Schädels verwachsen ist.

Die Passgenauigkeit ist entscheidend

Eine normale Kieferbewegung entsteht dann, wenn die Kieferköpfchen passgenau in den Gelenkpfannen liegen. Außerdem ist ein störungsfreies Zusammenspiel zwischen Kiefergelenk und Kaumuskulatur wichtig, um beim Kauvorgang eine optimale Spannungsverteilung zwischen linker und rechter Kieferhälfte zu gewährleisten.

Kommt es durch Muskelverspannungen zu Zahnfehlstellungen oder Kieferschmerzen – und ist die Spannungsverteilung also nicht mehr ausgeglichen – kann dies Auswirkungen auf den Kiefer und damit auf den restlichen Körper haben.

Wenn der Kiefer schmerzt CMD-Symptome


Insgesamt sind in Deutschland etwa 20 Prozent der Bevölkerung von chronischen Beschwerden betroffen, die im Zusammenhang mit einer Funktionsstörung des Kiefers oder der Zähne stehen.1 Was genau bei einer craniomandibulären Dysfunktion falsch läuft, erklärt der Begriff: „Cranio“ bedeutet Schädel, „Mandibula“ steht für den Unterkiefer und die „Dysfunktion“ beschreibt eine Fehlfunktion. Dies bedeutet, dass das Zusammenspiel von Schädel und Unterkiefer gestört ist – die normale Tätigkeit unseres Kiefers ist nicht mehr oder nur unter Schmerzen gewährleistet.

Zu den typischen CMD-Symptomen zählen:

  • Kiefergelenkschmerzen
  • Beeinträchtigungen der Kieferfunktion (der Mund kann in manchen Fällen nur noch wenige Millimeter geöffnet werden)
  • Schluckbeschwerden
  • Zähneknirschen (Bruxismus)
  • Zahnschmerzen
  • Gesichts- und Kopfschmerzen
  • schmerzende Druckpunkte an den Schläfen oder den Kiefergelenken selbst

Neben den Leiden, die offensichtlich mit unserem Kiefer und Kausystem in Verbindung gebracht werden können, gibt es weitere Auswirkungen, welche eher als untypische CMD-Symptome erscheinen:

  • Ohrgeräusche (Tinnitus)
  • Schlafstörungen
  • Appetitlosigkeit

Die Probleme, die die craniomandibuläre Dysfunktion auslösen kann, sind sehr vielseitig und oftmals schwer dem CMD-Syndrom zuzuordnen – eine sorgfältige Diagnose durch den Arzt ist daher wichtig.

Rückenschmerzen als Symptom von CMD?


Schuld an Rückenproblemen durch Kieferbeschwerden ist eine Art Verkettung von Fehlhaltungen: Die Kiefergelenkschmerzen sorgen für einen erhöhten Spannungszustand im Bereich der Kau- und Kopfmuskeln. Über Nerven und feine Muskelfasern überträgt sich dieser auf die Halswirbelsäule und führt dort zu Schmerzen. Anschließend verspannen sich durch die Schonhaltung, die zur Entlastung des Nackens eingenommen wird, Schulter- und Rückenmuskulatur.

In diesem Fall ist von einer sogenannten absteigenden Belastung die Rede, da die Ursache im Kiefer (oben), Schmerzen im Rücken (unten) auslöst. Umgekehrt können Fehlstellungen und Funktionsstörungen der Wirbelsäule auch zum CMD-Syndrom führen. Experten bezeichnen dies als aufsteigende Belastung.

Auswirkungen der zusammengepressten Zähne

Bei ausgeprägtem Zusammenpressen der Zähne und Verspannungen der Kaumuskulatur, ist — durch die Übertragung der Verspannung auf andere Muskelgruppen — die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Rücken-, Nacken-, und Kieferschmerzen also größer.

Ursachen des CMD-Syndroms


Mögliche Ursachen eines CMD-Syndroms sind unter Umständen:

  • Unregelmäßigkeiten an den Zähnen nach einer Zahnbehandlung (zum Beispiel erhöhte Füllungen) oder fehlende Zähne
  • Fehlhaltungen des Kopfes, wie sie womöglich durch langjähriges Schlafen in Bauchlage zustande kommen
  • Fehlhaltungen des Oberkörpers, zum Beispiel aufgrund von Ischias-Beschwerden
  • Verletzungen an Kiefer oder Halswirbelsäule, hervorgerufen durch Unfälle
  • Verschiebungen der Knorpelscheiben zwischen Gelenkpfanne und -kopf, zum Beispiel durch einen Sturz
  • genetische Veranlagung für anatomische Fehlstellungen
  • altersbedingter Abbau des Kiefergelenkknorpels (Arthrose)

Doch keine Sorge: Nicht zwangsläufig müssen bei jeder Fehlstellung oder Funktionsstörung im Kiefer Probleme auftreten. Einen gewissen Grad an Ungenauigkeit kann der Kiefer mithilfe der Muskulatur und der Bänder selbst ausgleichen. Sind die Veränderungen allerdings zu stark, können diverse Symptome auftreten.

Verspannungen durch Stress

Auch Probleme im Bereich der Kaumuskeln — ohne eine Kieferfehlstellung — sorgen mitunter für Schmerzen, die bis weit in den Körper ausstrahlen. Ursachen für eine verspannte Kiefermuskulatur sind häufig Stress im Alltag und psychische Anspannung.

Je größer die Belastung, desto stärker pressen Menschen in der Regel ihre Zähne aufeinander oder beginnen mit ihnen zu knirschen – nicht umsonst spricht man von „Zähne zusammenbeißen“ und „den Biss haben, etwas durchzuziehen“.

Spannend zu wissen ist hierbei, dass sich die obere und die untere Zahnreihe bei einem entspannten Kiefer natürlicherweise nie berühren — außer beim Kauvorgang. Eine weitere Ausnahme bildet das Schlucken, hier kommt ebenfalls ein kurzer Kontakt zustande.

CMD-Syndrom So verläuft die Diagnose


Ist der Kiefer nicht mehr in seiner korrekten, ursprünglichen Position, fällt das in das Aufgabengebiet der sogenannten Gnathologie. Dieses Konzept befasst sich unter anderem mit der Diagnose und Behandlung von Kieferfehlstellungen. Grundlage für die Diagnose des CMD-Syndroms bildet die Funktionsanalyse, die aus folgenden Teilen besteht:

  • klinische Funktionsanalyse: Patientengespräch, Abtasten der Kiefergelenke auf verhärtete Muskelpunkte und Testen der Beweglichkeit
  • instrumentelle Funktionsanalyse: Erfassung und Darstellung kleinster Bewegungen, Verschiebungen und Funktionsstörungen des Unterkiefers über einen Kieferbewegungssimulator (Artikulator) und ein individuell angefertigtes Gipsmodell des Kiefers

Die Funktionsanalyse des Kiefers wird in der Regel nicht durch gesetzliche Krankenkassen finanziert. Bei privat versicherten Patienten sind die Kosten für dieses Diagnoseverfahren zum Teil über den Versicherungsschutz abgedeckt. Hierbei ist ein Nachweis der medizinischen Notwendigkeit Grundvoraussetzung.1

Folgende Diagnosetechniken kann der Arzt noch ergänzend durchführen:

  • Röntgenaufnahmen
  • MRT (Magnetresonanztomographie)-Analysen
  • Gelenkspiegelungen (Arthroskopie)

Welcher Arzt ist zuständig?

Zahnärzte oder Kieferorthopäden stellen meist die erste Diagnose. Sind aber Verformungen der Wirbelsäule die Ursache für CMD, müssen sich andere Fachärzte (in diesem Fall Orthopäden) ein genaueres Bild der Symptome machen. Für eine geeignete CMD-Therapie werden daher häufig fachübergreifend Meinungen herangezogen.

Was Sie tun können CMD-Therapie


Welches die passende CMD-Therapie ist, kommt ganz auf die individuelle Ursache der Beschwerden an. Liegt eine anatomische Fehlstellung des Gebisses vor, werden spezielle Bissschienen angefertigt, um Unebenheiten auszugleichen und nächtliches Zähneknirschen zu verhindern. Sind fehlende Zähne der Auslöser, ist es ratsam, sinnvolle Zahnersatzlösungen in Betracht zu ziehen. Hier treten Implantate immer mehr in den Vordergrund.

Medikamentöse Schmerzbehandlung weniger empfehlenswert

Schmerzmittel mit Wirkstoffen wie Ibuprofen sind zwar meist in der Lage, Kiefer-, Rücken- oder Kopfschmerzen kurrzeitig zu lindern – jedoch stellen sie keine Langfristige Lösung dar. Sie mindern die Symptomatik, bekämpfen allerdings nicht die Ursache.

Physiotherapie und Osteopathie zählen zu den hilfreichen Therapiemaßnahmen des CMD-Syndroms, gerade wenn Bewegungseinschränkungen durch Muskel- oder Gelenkfehlstellungen die Ursache für die Beschwerden darstellen. Physiotherapeuten und Osteopathen können mit speziellen Massagetechniken und der Anleitung zu entlastenden Übungen für eine Lockerung der Kiefermuskulatur sorgen.

Eine der Übungen funktioniert beispielsweise wie folgt: Öffnen Sie Ihren Mund so weit wie schmerzfrei möglich. Halten Sie die Stellung dann für 10 Sekunden. Wiederholen Sie diese Übung 6-mal hintereinander bis zu 6-mal am Tag.2

Wer bezahlt die Behandlung?

Was die Kostenübernahme der CMD-Behandlung durch die gesetzliche Krankenkasse betrifft, gibt es je nach Bundesland verschiedene Regelungen. Auch die Ursache kann eine Rolle spielen, wenn die Fehlstellung beispielsweise durch einen Unfall zustande kam. Vor allem die Anfertigung der Bissschiene und die Physiotherapie werden oft erstattet. Wichtig ist, dass sich Patienten vor Therapiebeginn eine Zustimmung zur Kostenübernahme durch die Krankenkasse ausstellen lassen.

Liegt die Ursache der Kieferschmerzen in Verspannungen durch psychische Belastungen, sind Maßnahmen zur Stressreduktion wichtig. Hilfreich sein können hierbei:

  • Entspannungsübungen (zum Beispiel bewusstes Atmen)
  • Meditation
  • Auszeiten (Spazierengehen, Lesen)
  • psychologische Betreuung oder Beratung

Auch Akupressur ist eine bekannte Methode, um bestehende Verspannungen zu lösen und dadurch entstandene Schmerzen zu mindern. Das Naturheilverfahren funktioniert über die manuelle Druckausübung auf bestimmte Körperstellen, sogenannte Akupressurpunkte. Zur leichten Anwendung gibt es beispielsweise spezielle Akupressurkissen und -matten. Sie sind mit kleinen Spitzen versehen, welche die gesamte Rücken- und Nackenmuskulatur stimulieren.

Verspannungen durch Wärme lindern – was hilft?

Wärmebehandlungen tragen dazu bei, verspannungsbedingte Schmerzen zu lindern. Wärmflaschen, Heizkissen oder ein warmes Bad sind nur einige Beispiele. Darüber hinaus gibt es spezielle Salben und Pflaster, die die Durchblutung der Haut anregen und dadurch ebenfalls ein angenehmes Wärmegefühl erzeugen.

Zudem kann ein Rückenschulungskurs (Behandlungskonzept zur Vorbeugung und Therapie von Rückenschmerzen) sinnvoll sein, wenn der Betroffene aufgrund von falscher Körperhaltung unter dem CMD-Syndrom leidet.

Wie lange die Symptome eines CMD-Syndroms andauern und wann sich nach Behandlungsbeginn erste Verbesserungen zeigen, lässt sich pauschal nicht beurteilen. Abhängig ist dies vor allem von der Ursache und dem individuellen Therapieverlauf.

In jedem Fall ist es aber wichtig, dass Betroffene bei Beschwerden, die auf ein CMD-Syndrom hinweisen, baldmöglichst ihren Zahnarzt aufsuchen. Je schneller die Problematik diagnostiziert wird, desto früher kann eine erfolgreiche Behandlung beginnen.

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Romina Enz Medizinische Fragestellungen sowie die Biologie des Menschen zählten schon immer zu ihren Leidenschaften – ein Grund, weshalb die Biologin Romina Enz von 2017 bis 2021 bei kanyo® arbeitete. Die tägliche Auseinandersetzung mit aktuellen Themen der Medizin in Kombination mit der Texterstellung bieten ihr als medizinische Online-Redakteurin die optimale Mischung aus Naturwissenschaft und Kreativität. Romina Enz Medizinredakteurin und Biologin kanyo® mehr erfahren
Pauline Zäh Bereits als Kind wusste Pauline Zäh, dass sie einmal Redakteurin werden wollte. Lesen und Schreiben waren schon immer ihre großen Leidenschaften. Während des Journalismus-Studiums spezialisierte sie sich im Bereich Medizin. Für sie ein besonders wichtiges Feld, denn Gesundheit geht jeden etwas an. Von 2019 bis 2021 war sie Teil von kanyo®. Pauline Zäh Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
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