Fasziendistorsionsmodell: Definition, Diagnostik und Veränderungsarten


Gegen Faszienbeschwerden wie Missempfindungen und Schmerzen gibt es verschiedene Therapieansätze zur Linderung. Bei dem Fasziendistorsionsmodell (FDM) nach Typaldos handelt es sich um eine Kombination aus visueller Diagnostik und manueller Behandlung, bei der mit Druckausübung gearbeitet wird. Zum besseren Verständnis werden die Begrifflichkeiten des Worts „Fasziendistorsionsmodell“ nochmal auseinandergenommen und geklärt:

  • Faszien: Diese flächige, zähe Bindegewebsschicht umhüllt einzelne Muskeln, Knochen, Gelenke und Organe. Außerdem stabilisiert sowie schützt sie die verschiedenen Bestandteile.
  • Distorsionen: Gemeint sind hier Verformungen, Verdrehungen oder Verrenkungen der Faszien, die Schmerzen und Beschwerden hervorrufen können. Ziel des FDMs ist die Lösung dieser Distorsionen.
  • Modell: Auf Basis von Funktions-, Struktur- oder Verhaltensähnlichkeiten wird ein Modell erstellt, um eine Linderung der Probleme – wie Faszienschmerzen – zu erzielen.

In einem ersten Schritt führt der jeweilige Therapeut (zum Beispiel Ergo- oder Physiotherapeut)

  • ein Patientengespräch (Anamnese) und
  • eine körperliche Untersuchung des Bewegungsapparates durch.

Bis hierhin unterscheidet sich das FDM noch nicht von anderen Diagnoseverfahren. Doch hier kommt die Besonderheit: Betroffene drücken, streichen oder fahren sich oft auf ähnliche Weise über die schmerzenden Körperstellen.1 Das kann bereits unbewusst erfolgen und der Mediziner nimmt die typische Gestik direkt wahr. Oder es wird auffällig, wenn die Person vom Arzt beziehungsweise Therapeuten die Aufforderung erhält, den Bereich zu lokalisieren. Diese vom Patienten im Schmerz ausgeübte Körpersprache zeigt so zusätzlich wichtige Hinweise auf die anzustrebende Therapie an. Der Therapeut wird mitunter die Diagnose via schulmedizinischer Testverfahren bestätigen: zum Beispiel können Röntgenbilder und Blutuntersuchungen den FDM-Befund untermauern beziehungsweise andere Ursachen, wie Knochenbrüche oder Entzündungen, ausschließen.

Die 6 Störungen nach dem Fasziendistorsionsmodell


Typaldos sah sich die Schmerzgestik bei Faszienstörungen genaustens an. Er erkannte die Ähnlichkeiten in den Beschreibungen beziehungsweise der Lokalisierung, klassifizierte sie in verschiedene Störungsarten und entwickelte so entsprechende Diagnostikverfahren sowie passende Behandlungsansätze.

Insgesamt gibt es nach Typaldos folgende 6 Arten:2

  • Triggerband: Verdrehung beziehungsweise Aufspaltung eines Faszienbandes oder Verhärtung durch Kalziumeinlagerung entlang einer „Stresslinie“ (permanente Be- beziehungsweise Überlastung, wie auf der Achillessehne eines Langstreckenläufers), erkennbar an einem sich über eine Linie hinwegziehenden Schmerz
  • Kontinuumdistorsion: Störung an der Übergangstelle von Faszien und Knochen, punktuelle Beschwerden
  • hernierter Triggerpunkt: Vorwölbung von Gewebe aus tieferliegenden Schichten durch die Faszienschicht, Schmerzbeschreibung eher dumpf und untergründig, bei Hochleistungssport und extremen Krafttraining
  • Zylinderdistorsion: „Verhakung“ von zirkulären Faszien-Spiralwindungen (zum Beispiel um den Unterarm), Kribbeln, Krämpfe, Missempfindungen und sehr plötzlich auftretende Schmerzen als Symptome
  • Faltdistorsion: Störung der Gelenkfaszien, die normal zur maximalen Beweglichkeit in Falten liegen, durch zu starkes Auseinanderziehen (bei plötzlichem Zug) oder Komprimierung (wie bei einem Sturz), Betroffene zeigen Beschwerden „dynamisch“ an, kneten beispielsweise das schmerzende Gelenk
  • tektonische Fixation: Verlust der Gleitfähigkeit beziehungsweise „Verklebung“ einer Faszienfläche durch Flüssigkeitsverlust, Patienten halten sich die Beschwerden verursachende Stelle oder das jeweilige Gelenk2

Nachdem der Therapeut genaustens auf die gezeigte Körpersprache geachtet, die Beschreibung der Beschwerden bewertet und die schmerzende Körperregion untersucht hat, kann die Diagnose gestellt und eine individuelle Behandlung nach dem FDM eingeleitet werden.

Wie verläuft die Therapie nach dem Fasziendistorsionsmodell?


Der Patient macht die betroffene Körperstelle frei und der Therapeut beginnt mit der entsprechenden Behandlung. Währenddessen findet eine ständige Absprache mit dem Patienten statt, um die Empfindungen abzuklären und sicherzustellen, dass der Therapieansatz passend gewählt wurde. Andernfalls können die Handgriffe nochmal dynamisch abgeändert werden.

Die Behandlung einer Faszienstörung erfolgt in der Regel mit Druck. Um diesen entsprechend auszuüben, gibt es verschiedene Arten:

  • durch die geschulte Daumentechnik des Therapeuten
  • mithilfe von Behandlungsinstrumenten, zum Beispiel in Form eines Stifts, eines Bogens oder Knopfes, für gezieltere Anwendungen oder spezielle Körperregionen
  • über eine sogenannte Faszienrolle oder -kugel

Nicht nur während der Therapie, sondern auch im Nachgang kann der Patient in einem Folgegespräch den subjektiven Erfolg der Maßnahmen beurteilen. Das ermöglicht im weiteren Verlauf eine angepasste Therapie.

Wichtiges zum Schluss: Während private Krankenkassen beziehungsweise Zusatzversicherungen die Kosten für die FDM-Behandlung in der Regel erstatten, übernehmen die gesetzlichen Kassen bisher keine Leistungsgebühren. Sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt oder Therapeuten über die aktuellen Optionen der Kostenerstattung. 

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Carolin Stollberg Schreiben ist ihre Leidenschaft – und das am liebsten über Themen, die die Menschen wirklich bewegen. Nachdem sich Carolin Stollberg in ihrem Studium der Germanistik alle Instrumente angeeignet hat, die sie für das Schreiben guter Texte benötigt, konnte sie sich voll und ganz Ihren Interessensschwerpunkten widmen: Gesundheit und Medizin. Carolin Stollberg Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
Quellen anzeigen
  • 1Igel, Raimond. „Das Fasziendistorsionsmodell (nach Typaldos): Die 6 Störungen und deren Behandlung“. In: DO - Deutsche Zeitschrift für Osteopathie. 12 (2014) Nr. 4, 2014. S. 21–25. - Stand 16.05.2024