Gründe für eine Nervenschädigung


Es gibt eine Vielzahl von Auslösern, die als Ursache von Nervenschädigungen infrage kommen, unter anderem:

All diese Faktoren tragen möglicherweise dazu bei, dass sich eine Nervenschädigung ausbildet. Wo genau sie entsteht und wie ausgeprägt sie ist, hängt aber maßgeblich von Art und Schwere des zugrundeliegenden Auslösers ab.

Folgen einer Nervenschädigung


Genauso vielfältig wie die Ursachen sind die Folgen einer Nervenschädigung – denn unsere Nerven erfüllen unzählige Aufgaben im Körper. Um die Folgen nachvollziehen zu können, muss zunächst ein Blick auf den Aufbau des Nervensystems geworfen werden.

Der Aufbau des Nervensystems

Das Nervensystem lässt sich anatomisch in folgende Untersysteme einteilen:

  • zentrales Nervensystem (ZNS)
  • peripheres Nervensystem (PNS)

Das ZNS besteht aus Gehirn und Rückenmark. Es fungiert als Schaltzentrale für den gesamten Körper.

Das periphere Nervensystem umfasst alle Nerven des Körpers, die sich nicht im Gehirn oder dem Rückenmark befinden. Es kann weiter untergliedert werden in:

Je nachdem, welche Nerven geschädigt sind, kann das zu den unterschiedlichsten Folgen führen. Hierzu zählen:

Nervenschmerzen (Neuralgien)

Gewöhnliche Schmerzen entstehen normalerweise dadurch, dass spezialisierte Schmerzrezeptoren gereizt werden. Sie sind fast überall in der Haut und in den Organen (außer dem Gehirn) verteilt.

Im Gegensatz dazu entstehen Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen, Neuralgien) in direkter Folge einer Nervenschädigung. Betroffene beschreiben Nervenschmerz als:

  • brennend
  • bohrend
  • stechend

Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Neuralgie-Arten. Dazu gehören beispielsweise:

  • Trigeminusneuralgie: Sie zeichnet sich durch sehr heftige, einseitig auftretende Gesichtsschmerzen aus, verursacht durch eine Reizung des Gesichtsnervs Nervus trigeminus.
  • Morton Neuralgie: Der Begriff bezeichnet im Fuß auftretende Schmerzen, die aufgrund von Schwellungen an den Interdigitalnerven (die zwischen den Mittelfußknochen verlaufen) ausgelöst werden.
  • Interocostalneuralgie: Typisch für diese Form sind brennende Schmerzen zwischen den Rippen, hervorgerufen durch eine Reizung/Beschädigung der Zwischenrippennerven (Interkostalnerven).

Je nach Form und Auslöser der Neuralgie gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Ist beispielsweise ein durch Druck gereizter Nerv die Ursache, sollte man versuchen, diesen zu entlasten.

Chronische Schmerzen – das Schmerzgedächtnis

Nervenschäden, die zu chronischen Schmerzen (dauern mehr als 6 Monate an) führen, können Spuren im Zentralnervensystem hinterlassen:1 Ein Schmerzgedächtnis entwickelt sich.

Die physiologischen Veränderungen sind dabei ganz ähnlich wie beim „normalen“ Gedächtnis. Das Gehirn lernt, einen bestimmten Reiz immer mit einer bestimmten Reaktion zu verbinden, in diesem Fall ist das der Schmerz. Die Empfindlichkeit für Schmerzreize ist dadurch so erhöht, dass der Schmerz schon beim geringsten Auslöser oder ganz spontan (ohne einen Grund) auftritt.

Gibt es Mittel gegen das Schmerzgedächtnis?

Durch lokale Betäubungsmittel kann man die Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses eventuell verhindern. Ist es jedoch einmal etabliert, lässt sich das Schmerzgedächtnis durch Medikamente nicht mehr löschen. Manchmal helfen sogenannte Gegenirritationsverfahren, wie die transkutane Elektro-Neurostimulation (TENS) oder die Elektroakupunktur.

Bei beiden Verfahren setzt man elektrische „Gegenreize“ ein. Sie sollen das Schmerzgedächtnis aufheben und die gesteigerte Sensibilität des schmerzempfindlichen Systems wieder normalisieren.

Muskuläre Beeinträchtigungen

Sind motorische Nerven, also Nerven, welche die Muskeln steuern, von der Schädigung betroffen, können sich nachstehende Folgen bemerkbar machen:

  • Muskelschwäche: Unter einer Muskelschwäche (Myasthenie) verstehen Experten eine ungewöhnlich rasche Ermüdung beziehungsweise Schwächung von Muskeln unter Belastung. Sie kann durch verschiedene Erkrankungen verursacht sein, zum Beispiel durch Multiple Sklerose.
  • Faszikulationen: Das sind unwillkürliche, in manchen Fällen durch die Haut hindurch sichtbare Muskelzuckungen, die jedoch zeitweise auch bei völlig gesunden Menschen auftreten können.
  • Lähmungen: Wird der motorische Nerv so geschädigt, dass überhaupt keine Signalübertragung zum Muskel mehr stattfindet, ist der Muskel nicht mehr in der Lage, gesteuerte Kontraktionen auszuführen. Er ist gelähmt. Langfristig führt das zu einer Muskelatrophie.

Die Muskelatrophie – wenn der Muskel verkümmert

Unter einer Muskelatrophie (Muskelschwund) versteht man die Abnahme der Muskelmasse. Verantwortlich dafür ist eine geringer werdende Anzahl der Muskelzellen. Man kennt mehrere Gründe, die eine Muskelatrophie auslösen können, unter anderem:

  • Unterernährung und/oder Mangelernährung
  • Störungen des Muskelstoffwechsels
  • Hormonveränderungen im Alter
  • längerfristige Unterbeanspruchung des Muskels (Krankheit, Schwerelosigkeit bei Astronauten)
  • Nervenschädigung durch neuromuskuläre Erkrankungen

Im Falle einer Nervenschädigung ist es der Mangel an fehlenden neuronalen Signalen, durch den eine Inaktivität des Muskels und daraus folglich eine Muskelatrophie entsteht.

Sensibilitätsstörungen

Sensibilitätsstörungen sind auf einen teilweisen oder kompletten Ausfall der Nervenempfindlichkeit in bestimmten Bereichen des Körpers (hauptsächlich der Haut) zurückzuführen. Wir besitzen eine ganze Reihe von unterschiedlichen Sinnesorganen, die Reize aus der Umwelt wahrnehmen und an das Gehirn weiterleiten.

Dazu gehören nicht nur unsere Augen, Ohren und unser Geruchs-, Geschmacks- und Gleichgewichtssinn. Vor allem in der Haut befinden sich zahllose Rezeptoren für verschiedene Sinnesmodalitäten, wie zum Beispiel:

  • Temperatur,
  • Vibration
  • Druck

Schädigungen der Nerven können die jeweilige Reizwahrnehmung ganz ausschalten oder Sensibilitätsstörungen mit vielfältigen Symptomen auslösen, wie etwa Brennen, Kribbeln, Jucken oder „Ameisenlaufen“ auf der Haut sowie Gleichgewichtsstörungen und Taubheitsgefühle. Auch das Temperaturempfinden ist als Folge der Sensibilitätsstörung möglicherweise verstärkt oder vermindert.

Beispiele für neurologische Erkrankungen, die sich mitunter durch Empfindungsstörungen auszeichnen, sind:

  • Restless-Legs-Syndrom: Die Beine kribbeln, stechen oder schmerzen – Betroffene haben den Drang, die Beine ständig in Bewegung zu halten. Das Restless-Legs-Syndrom kann unter anderem als Folge einer Nervenschädigung entstehen.
  • Tarsaltunnelsyndrom: Kribbeln, Brennen oder Taubheitsgefühle in den Zehen und Schmerzen im Bereich des inneren Fußknöchels sind typisch für das Tarsaltunnelsyndrom. Bei diesem ist der Tarsaltunnel (ein kleiner Kanal hinter dem Fußinnenknöchel) verengt, was eine Reizung oder Schädigung des Schienbeinnervs (Nervus tibialis) begünstigt.
  • Karpaltunnelsyndrom: Dabei wird auf den im Karpaltunnel liegenden mittleren Armnerv (Nervus medianus) Druck ausgeübt, was zu Taubheitsgefühlen und Kribbeln in der Hand führt.

Beschwerden der inneren Organe

Sind Nerven des vegetativen Nervensystems geschädigt, kann die Funktion der inneren Organe, Gefäße und Drüsen unter Umständen gestört sein. Je nachdem welches Organ betroffen ist, sind vielfältige Symptome möglich, zum Beispiel:

  • Blasenschwäche
  • Herzrhythmusstörungen
  • Verdauungsprobleme (Verstopfung und Durchfall)
  • zu hohe oder zu geringe Schweißabsonderung
  • Potenzstörungen

Leiden die Organe unter der Nervenschädigung, wird der Fokus der Behandlung meist auf eine Minderung der Symptome gelegt. Der Arzt kann hierfür beispielsweise Medikamente zur Regulierung von Herzrhythmusstörungen oder Beruhigung des Magen-Darm-Trakts verschreiben. Zudem versuchen Mediziner meist nach Möglichkeit, die Nervenschädigung selbst zu beheben.

Bei ersten Anzeichen unbedingt zum Arzt


Wenn Sie unter starken oder andauernden Sensibilitätsstörungen, Muskelatrophie oder Lähmungserscheinungen leiden, sollten Sie sich unbedingt ärztlich untersuchen lassen. Der richtige Ansprechpartner hierfür ist der Neurologe (Facharzt für Erkrankungen des Nervensystems). Er kann mittels verschiedener Diagnosemethoden herausfinden, ob und in welchem Maße eine Nervenschädigung vorliegt und was als zugrunde liegende Ursache infrage kommt.

Frühzeitig handeln

Häufig sind Symptome (wie Kribbeln in den Fingern) harmlos, sie können aber auch Anzeichen oder Folge einer Erkrankung sein. Je früher das erkannt wird, desto eher kann eine gezielte Therapie einsetzen, was oft dauerhafte Folgeschäden verhindert.

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Dr. Markus Numberger Dr. Markus Numberger studierte Biologie an den Universitäten Regensburg und Konstanz, im Fach molekulare Neurobiologie promovierte er 1992 am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg. Bereits 13 Jahre lang kümmert er sich um den Internetauftritt eines mittelständischen Pharmaunternehmens. Seit 2014 arbeitet er als freiberuflicher Autor (Online und Print) für verschiedene bio-medizinische Verlage, Agenturen und Unternehmen der Healthcare-Branche. Zudem veröffentlichte er mehrere Bücher in den Bereichen Neurobiologie, Demenz und Depression. Dr. Markus Numberger Autor und Neurobiologe kanyo® mehr erfahren
Pauline Zäh Bereits als Kind wusste Pauline Zäh, dass sie einmal Redakteurin werden wollte. Lesen und Schreiben waren schon immer ihre großen Leidenschaften. Während des Journalismus-Studiums spezialisierte sie sich im Bereich Medizin. Für sie ein besonders wichtiges Feld, denn Gesundheit geht jeden etwas an. Von 2019 bis 2021 war sie Teil von kanyo®. Pauline Zäh Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
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