Nicht ohne Grund sprechen wir vom „Volksleiden Nummer eins“: Rückenschmerzen sind kein Einzelfall. Treffen können sie jeden – zu jeder Zeit, an jedem Ort. Dennoch gibt es bestimmte Gesellschaftsgruppen, die häufiger von Rückenbeschwerden betroffen sind als andere.
Frauen weisen im Vergleich zu Männern von Natur aus einen anderen Körperbau auf, der im Laufe des Lebens zusätzlich hormonell bedingten Veränderungen ausgesetzt ist. Diese machen den Halteapparat der Frau anfälliger für Rückenprobleme: Neben der Menstruation, der Schwangerschaft und der Geburt hat insbesondere die Menopause erheblichen Einfluss auf den weiblichen Körper.
Auch wenn einige gynäkologische Erkrankungen als Auslöser für Rückenbeschwerden bei Frauen in Frage kommen, ist häufig eine schlecht trainierte Muskulatur der Grund für die Schmerzen. Diese verliert dann ihre Stütz- und Stabilisierungsfunktion und kann die Wirbelsäule nicht entlasten. Besonders für Schwangere und Frauen, deren Rücken durch einen großen Busen stark belastet wird, ist eine gut trainierte Bauch- und Rückenmuskulaturunabdingbar.
Immer häufiger klagen auch Kinder über Rückenprobleme. Oft liegt ihren Beschwerden eine zu schwache Muskulatur zugrunde, die in den meisten Fällen aus Bewegungsmangel resultiert. Der Rücken wird zum Beispiel durch das Tragen eines schweren Schulranzens leichter über- oder fehlbelastet, Fehlhaltungen können die Folge sein. Bewegung ist die beste Medizin!
Sitzen Kinder viel und lange am Schreibtisch, ist auf passendes Mobiliar zu achten, um ihnen ein möglichst dynamisches und entlastendes Sitzen zu ermöglichen.
Natürlich können Kindern auch psychische Belastungen wie schulische Überforderung oder Kummer in Form von Verspannungen im Rücken sitzen und Beschwerden bereiten. Ernstzunehmend sind langanhaltende Schmerzen: Verletzungen, Entzündungen, Deformationen der Wirbelsäule oder wachstumsbedingte Beschwerden können der Grund für die Rückenprobleme sein. Ein Arztbesuch ist dann unvermeidlich.
Geht es um Rückenprobleme, denken die meisten Menschen, dass diese grundsätzlich öfter im fortgeschrittenen Alter auftreten. Und dem liegt auch ein wahrer Kern inne: Denn je älter man wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, an Rückenschmerzen zu leiden.1
Haben sie Beschwerden, sind häufig Verschleißerscheinungen der Auslöser für ihre Probleme. Durch die jahrelange Belastung ist die Wirbelsäule im Alter oftmals abgenutzt: Die Bandscheiben haben an Elastizität und ihre Funktion als natürliche Stoßdämpfer verloren, Wirbel können verrutschen, sich verhaken oder gar brechen und auf einen rückenmarksnahen Nerv Druck ausüben. Schmerzen, Empfindungsstörungen oder Lähmungen sind häufig die unangenehme Folge.
Natürlich können auch im Alter Bewegungsmangel und Übergewicht zu Fehlhaltungen und Überbelastungen des Rückens führen und psychische Probleme Beschwerden auslösen.
Für Senioren gilt deshalb: Bewegung ist in vielen Fällen der Weg zur Besserung! Auch rückenschonendes Sitzen und Stehen oder entlastende Hebetechniken sind ein Weg, Beschwerden im Alter vorzubeugen oder zu lindern.
Interview mit Dr. Albert Güßbacher
Facharzt für Orthopädie und Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin
Interview mit Dr. Albert Güßbacher
„Rückenschmerzen? Sitz doch gerade!“ Nicht mehr als ein gutgemeinter Ratschlag?
„Rückenschmerzen beruhen in etwa 80 Prozent auf einer zu schwachen Rückenmuskulatur, die verhindert, dass wir dauerhaft aufrecht sitzen und eine korrekte Körperhaltung einnehmen. Dieses Problem lässt sich sicherlich nicht durch einen Befehl wie „Sitz gerade!“ lösen. Der Fokus sollte darauf liegen, dem Betroffenen ans Herz zu legen, seine Rückenmuskulatur zu stärken. Denn eine schwache Muskulatur lässt uns automatisch in eine schlaffe Position zurückfallen. Und häufig verschärft sich die Situation: Durch die Fehlhaltung im Sitzen kommt es zu einer Fehlbelastung des Rückens und zu Verspannungen. Betroffene nehmen daraufhin eine schmerzbedingte Schonhaltung ein, die die Verspannungen verschlimmert. Nur ein gezieltes Training der rumpfaufrichtenden Muskulatur kann diesen Teufelskreis durchbrechen. Am besten klappt das mit physiotherapeutischer Begleitung: Auf die Analyse der Muskelschwäche – oft sind die Muskeln betroffen, die die Schultern nach hinten ziehen – folgt die Erstellung eines individuellen Trainingsprogramms. Doch jeder kann selbst etwas dafür tun, seine Muskulatur zu kräftigen. Viele Fitnessstudios beispielsweise bieten einen Rückenzirkel an. Doch lassen Sie sich bitte zeigen, wie Sie die Übungen korrekt ausführen. Unsachkundiges Training an Geräten entpuppt sich schnell als kontraproduktiv, wenn schwache Muskeln überlastet werden und sich der Schmerz verstärkt.“
Werfen wir einen Blick in die Berufswelt, finden wir auch hier Gruppen, die im Hinblick auf Rückenprobleme deutlich gefährdeter sind als andere.
Die Dauersitzer
Menschen, die beispielsweise als LKW-Fahrer oder im Büro berufsbedingt lange und viel sitzen, bewegen sich häufig zu wenig, um ihre im Sitzen stark belasteten Bandscheiben mit Flüssigkeit und Nährstoffen zu versorgen. In der Folge können diese nicht mehr als natürliche Stoßdämpfer fungieren – sie werden rissig und spröde. Ein beachtliches Risiko für eine Bandscheibenvorwölbung oder einen Bandscheibenvorfall! Für alle „Dauersitzer“ gilt:
Legen Sie regelmäßige Bewegungspausen ein, um einer schrumpfenden Rumpfmuskulatur entgegenzuwirken und Überbelastung und dauerhafte Fehlhaltungen zu vermeiden.
Im Interview erklärt Fitness- & Ernährungsexperte Prof. Dr. Ingo Froböse was es mit dem Psoas (großer Lendenmuskel) genau auf sich hat und warum „Dauersitzer“ zur Risikogruppe gehören. Jetzt reinhören und mehr wissen!
Die körperlich Geforderten
Berufsgruppen wie Handwerker, die langfristig körperlich anstrengende Arbeit verrichten, führen diese oft in nach vorne gebeugter Haltung aus. In dieser werden die Bandscheiben übrigens stärker belastet als im Sitzen, Stehen oder Gehen!
Falsche Trage- und Hebetechniken schwerer Geräte oder Gegenstände führen dann häufig zu einseitigen Überbelastungen und diese können Beschwerden hervorrufen. Wird draußen gearbeitet, können Kälte und Nässe der Grund für eine verspannte Muskulatur im Nacken-, Schulter- oder Rückenbereich sein.
Gezieltes und regelmäßiges Training der Muskulatur ist wichtig, um den Rücken zu entlasten und Fehlhaltungen vorzubeugen oder zu behandeln.
Die Vielsteher
Gleiches gilt übrigens auch für „Vielsteher“. Ob Verkäufer, Friseure oder Bäcker: Wer berufsbedingt lange und viel steht, sollte regelmäßige Bewegungspausen einlegen, sich dehnen oder strecken und seine Muskulatur in seiner Freizeit trainieren. Wie beim Sitzen gilt, nie in einer Position zu verharren, sondern das Gewicht immer wieder zu verlagern.
Erfahren Sie in diesem Kapitel mehr über Risikogruppen, die häufiger von Rückenproblemen betroffen sind als andere. Sie erhalten Informationen über Ursachen, Symptome und eine Menge Tipps zur Vorbeugung und Linderung der Beschwerden!
Tanja AlbertVon der Schülerzeitung übers Journalismus-Studium in die Online-Redaktion von kanyo® - Tanja Albert hat das Schreibfieber gepackt. Gemischt mit ihrem Interesse für Ernährungs- und Gesundheitsthemen stürzt sie sich Tag für Tag in die medizinische Recherche - und bringt das Ganze auch in die Sozialen Netzwerke, nämlich als Social Media Managerin.gn@xnalb.qr
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Albert
Medizinredakteurin
kanyo®
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