Auf einen Blick: Was ist das Fibromyalgie-Syndrom?

Das Fibromyalgie-Syndrom (kurz FMS oder nur Fibromyalgie) ist ein Krankheitsbild, dass sich vor allem durch scheinbar nicht nachvollziehbare Schmerzen und allgemeine Erschöpfung auszeichnet. Die Ursachen sind noch nicht endgültig geklärt, eine Diagnose durch den Arzt ist oft schwierig. Jedoch gibt es einiges, das Patienten selbst tun können, um ihr Leiden zu lindern. Zudem existieren verschiedene Anlaufstellen, bei denen Betroffene Unterstützung finden.

Symptome: Wie zeigt sich das Fibromyalgie-Syndrom?


Hauptsymptom des FMS sind chronische, mindestens über 3 Monate hinweg auftretende Schmerzen, die sich in mehreren Köperregionen zeigen.1 Sie lassen sich zum Beispiel mit starken, grippetypischen Gliederschmerzen vergleichen. Betroffene berichten dabei vor allem von Beschwerden im Nacken oder im oberen/mittleren Rücken, Brustkorb, Armen und Beinen.

Außerdem charakteristisch für Fibromyalgie sind Ein- und Durchschlafstörungen, Konzentrationsprobleme sowie eine allgemein schnellere geistige und körperliche Erschöpfung. Manche Fibromyalgie-Patienten klagen über zusätzliche weitere Leiden:

  • psychische Probleme wie Antriebslosigkeit, depressive Verstimmungen und innere Unruhe
  • Empfindungsstörungen, zum Beispiel Taubheitsgefühle und Kribbeln in Armen oder Beinen
  • Probleme mit der Verdauung, Atmung oder anderen körperlichen Funktionen
  • Kopfschmerzen und Migräne
  • erhöhte Reizempfindung, beispielsweise besonders sensible Geräusch- und Geruchswahrnehmung

Das Fibromyalgie-Syndrom tritt häufig in Schüben auf. Diese können unterschiedlich leicht oder stark ausfallen. Wie lange die Schmerzen bei einem akuten Schub bestehen bleiben, ist schwer zu sagen. Mehrere Wochen bis hin zu Monaten sind möglich.

Gut zu wissen

Auch wenn es immer wieder Diskussionen darüber gibt, ob die Fibromyalgie aufgrund der nicht erklärbaren Schmerzen als Krankheitsbild überhaupt existiert, so ist sie doch im Kapitel „Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes“ der ICD gelistet.1

Die ICD ist ein internationales Klassifikationssystem für Erkrankungen und verwandte Gesundheitsprobleme, welches von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlicht wird. Sie gilt als weltweit anerkannt für medizinische Diagnosen.

Ursachen der Fibromyalgie


Noch ist nicht endgültig geklärt, was das Krankheitsbild auslöst. Zudem gibt es unterschiedliche Studienlagen. Manche Experten vermuten ein Zusammenspiel verschiedener Komponenten, dazu gehören:

  • genetische Veranlagung
  • bereits bestehende entzündliche-rheumatische Erkrankungen (zum Beispiel durch Arthritis verursachte Gelenkentzündungen)
  • Stress und allgemeine psychische Anspannung

Auch wird als Ursache für das Syndrom eine Veränderung im Nervensystem diskutiert. Es wird vermuten, dass bei Betroffenen eine Störung der Schmerzverarbeitung im Gehirn vorliegt. Es gibt in diesem Zusammenhang Hinweise darauf, dass die Schmerzhemmung bei FMS-Patienten vermindert sein könnte. Die Folge wäre eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit.2

Als Ursache für die geminderte Schmerzhemmung wird eine Schädigung der sogenannten kleinkalibrigen schmerzleitenden Nervenfasern (zuständig für die Wahrnehmung von Temperatur und Schmerzen) vermutet.3 Ob dies aber tatsächlich die Ursache einer Fibromyalgie sein könnte oder womöglich nur als Folge daraus entsteht, bleibt unklar.

Schon gewusst?

Der Verlauf einer Fibromyalgie wird unter Umständen durch bestimmte Aspekte negativ beeinflusst, was zu häufigeren oder besonders schweren Schüben führen kann. Solche Einflussfaktoren sind:

  • ungesunde Ernährung und Übergewicht
  • Alkohol- und Nikotinkonsum
  • Mangel an Bewegung und körperlicher Aktivität
  • anhaltender Stress

Diagnose: Wie erkennt der Arzt das Fibromyalgie-Syndrom?


Die Diagnose des FMS ist häufig schwer und langwierig. Der Grund dafür: Es gibt unzählige andere körperliche Ursachen (zum Beispiel muskuläre Verspannungen oder Multiple Sklerose), die für die Schmerzen verantwortlich sein können. Trotzdem sollten Sie den Gang zum Arzt nicht scheuen. Denn je eher er eine Diagnose stellt, desto früher kann eine Behandlung beginnen.

Der erste Ansprechpartner bei unklaren Schmerzen ist in den meisten Fällen der Hausarzt. Dieser befragt Sie in einem Gespräch genau zu Ihren Symptomen. Zudem wird sich der Mediziner unter anderem nach bekannten Krankheiten im näheren familiären Umfeld und der Einnahme von Medikamenten erkundigen.

Tipp:

Häufig ist es für den Mediziner hilfreich, wenn Sie Ihre Leiden vorab schriftlich dokumentieren. Notieren Sie sich dabei, unter welchen Umständen, wo am Körper, für wie lange und in welcher Intensität die Schmerzen auftreten. Der Arzt kann Ihr Beschwerdebild dadurch besser einschätzen.

Bei der Diagnose eines FMS können spezielle Schmerzpunkte, sogenannte „Tender Points" hilfreich sein. Diese befinden sich an den Übergängen zwischen Muskeln und Sehnen, unter anderem an Schultern, Nacken, Hüfte und Rücken.4 Der Arzt drückt auf 18 dieser Punkte – löst das an mindestens 11 Tender Points Schmerzen aus, ist dies ein Hinweis auf eine Fibromyalgie.5

Weiterhin sind teilweise verschiedene körperliche Untersuchungen und Labortests nötig, um andere Ursachen für die Schmerzen auszuschließen. Darunter fallen zum Beispiel:

  • Blutabnahme
  • Röntgenaufnahmen
  • Computertomografie (CT)
  • Magnetresonanztomografie (MRT)

Entsteht bei den Untersuchungen beispielsweise der Verdacht auf eine internistische, orthopädische oder neurologische Krankheit als Schmerzverursacher, verweist der Hausarzt den Patienten an den jeweiligen Facharzt.

Aha!

Eine Fibromyalgie lässt sich nicht anhand einer Auswertung des Blutbildes (die Werte sind unauffällig) oder beispielsweise durch Röntgenaufnahmen erkennen. Die Diagnose wird letztendlich durch den Ausschluss anderer Erkrankungen und das durch den Patienten beschriebene, typische Beschwerdebild gestellt.

Behandlung: Was hilft bei Fibromyalgie?


Das Fibromyalgie-Syndrom ist aktuell noch nicht heilbar. Das Behandlungsziel besteht darin, die bestehenden Beschwerden zu lindern und das Auftreten weiterer Symptome zu verhindern. Bei ausgeprägten Formen der Fibromyalgie kann eine Medikamentenverordnung durch den Arzt erforderlich sein.

Gering dosierte Antidepressiva (Mittel, die für gewöhnlich zur Behandlung von Depressionen zum Einsatz kommen) können sich unter anderem positiv auf die Schmerzen sowie Antriebslosigkeit und Schlafstörungen auswirken.1 Außerdem empfehlen manche Ärzte sogenannte Antikonvulsiva oder Neuroleptika („Nervendämpfungsmittel“), die ebenfalls zum Teil in der Lage sein sollen, Schlafstörungen und chronische Schmerzen zu bessern.

Gewöhnliche Schmerztabletten

Bekannte entzündungshemmende Schmerzmittel, zum Beispiel mit den Wirkstoffen Paracetamol und Acetylsalicylsäure, sind bei Fibromyalgie nicht unbedingt zu empfehlen. Eine Wirksamkeit ist bei dieser speziellen Form von Schmerzen nicht belegt.1

Darüber hinaus gibt es viele Behandlungsansätze, die der Patient (zum Teil nach kurzer Einweisung durch einen Experten) selbst umsetzen kann und die mitunter wesentlich zum Wohlergehen und einer Besserung des Verlaufs beitragen. Dazu zählen:

  • Bewegung: Vor allem leichtes Ausdauertraining, zum Beispiel in Form von Nordic Walking oder Radfahren, ist beim FMS empfehlenswert. Durch das Training wird das Herz-Kreislauf-System gestärkt, was bei Fibromyalgie-Patienten zum Teil Schmerzen und Müdigkeit reduzieren soll.1
  • Entspannungsübungen: Yoga, Meditation oder autogenes Training können für Entspannung sorgen. Die ist für FMS-Betroffene besonders wichtig, da Stress die Beschwerden verstärken kann.
  • Wärmetherapie: Wärme, beispielsweise in Form von Thermalbädern oder Saunagängen, trägt womöglich zur Schmerzlinderung bei Fibromyalgie bei.
  • Ernährung: Eine spezielle Ernährungsempfehlung seitens Experten gibt es beim FMS bislang nicht. Allerdings berichten manche Betroffene, dass sich eine pflanzliche Ernährung (viel Gemüse und Obst) mit wenig Fleisch positiv auf ihren Krankheitsverlauf auswirkt.  

Ergänzend kann eine Psychotherapie sinnvoll sein, wenn das Fibromyalgie-Syndrom mit Angst, Unruhe oder depressiven Verstimmungen einhergeht. Am besten lassen Sie sich von Ihrem Arzt beraten, welche Maßnahmen bei Ihrem individuellen Fibromyalgieverlauf zu empfehlen sind. Wichtig ist, dass auch in Zeiten zwischen den einzelnen Fibromyalgie-Schüben ein gesunder und bewusster Lebensstil bestehen bleibt.

Werde ich bei Fibromyalgie krankgeschrieben?

Während der akuten Schübe kann aufgrund der durch die Schmerzen ausgelösten Einschränkungen eine Krankschreibung nötig sein. Wie lange ein Patient dann von der Arbeit befreit ist, lässt sich pauschal nicht beantworten. Das ist abhängig von der Ausprägung und Intensität der Symptome.

Bei manchen Patienten tragen auch alternative Behandlungsmethoden zur Linderung der Beschwerden bei. Hier sind Akupunktur, Massagen oder homöopathische Mittel als Beispiele zu nennen.

Prognose – Wie lebt es sich mit Fibromyalgie?


Trotz einer Behandlung bleibt das FMS weiter bestehen. Allerdings kann es in seinem Verlauf und der Symptomatik sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Außerdem gelingt es manchen Betroffenen, mit der Krankheit und verstärkenden Faktoren (wie zum Beispiel Stress) gut umzugehen, wodurch sie zum Teil in ihrer Lebensqualität nur wenig eingeschränkt sind.

Für Menschen mit FMS ist es vor allem wichtig, dass sie von ihrem sozialen Umfeld ernst genommen und unterstützt werden – auch wenn sich das Fibromyalgie-Syndrom nicht äußerlich zeigt oder direkt nachweisbar ist. Deswegen gilt für Betroffene: Sprechen Sie mit Freunden und Familien darüber und teilen Sie Ihre Sorgen. Auch Selbsthilfegruppen, wie zum Beispiel die der Deutschen Fibromyalgie Vereinigung (DFV) e.V., sind gute Ansprechpartner bei krankheitsbezogenen Problemen. Ein bewusster und offener Umgang mit der Fibromyalgie kann dabei helfen, die Krankheit besser zu akzeptieren.  

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Pauline Zäh Bereits als Kind wusste Pauline Zäh, dass sie einmal Redakteurin werden wollte. Lesen und Schreiben waren schon immer ihre großen Leidenschaften. Während des Journalismus-Studiums spezialisierte sie sich im Bereich Medizin. Für sie ein besonders wichtiges Feld, denn Gesundheit geht jeden etwas an. Von 2019 bis 2021 war sie Teil von kanyo®. Pauline Zäh Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
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