Nervenschädigung im Überblick:

  • Empfindungsstörungen, Muskelschwäche und Schmerzen zählen zu den typischen Symptomen.
  • Die Auslöser sind sehr vielfältig und umfassen beispielsweise Stoffwechselstörungen, Erbkrankheiten oder Infektionen.
  • Richtiger Ansprechpartner bei Nervenleiden ist der Neurologe – ein Facharzt für Erkrankungen des Nervensystems.
  • Die Behandlung ist individuell abhängig von der Ursache – Medikamentengabe oder Physiotherapie stellen denkbare Therapiemöglichkeiten dar.
  • Allgemeine Aussagen zur Prognose einer Nervschädigung können nicht gestellt werden – doch je früher die Diagnose erfolgt, desto besser sind die Behandlungschancen.

Polyneuropathie – was ist das?


Zur Begrifflichkeit: Unter einer Neuropathie versteht man die Erkrankung beziehungsweise Schädigung eines oder mehrerer Nerven, die in der Körperperipherie verlaufen, also nicht im Gehirn oder Rückenmark liegen. Die Bezeichnung umfasst eine Reihe von neurologischen Krankheitsbildern, bei denen die betroffenen Nerven in ihrer Funktion deutlich eingeschränkt – oder sogar ganz funktionslos – sind. Beschränkt sich die Neuropathie dabei auf einen einzelnen Nerv, lautet der Fachbegriff Mononeuropathie; werden mehrere Nerven in Mitleidenschaft gezogen, ist von einer Polyneuropathie die Rede.

Gut zu wissen

Mononeuropathien treten sehr selten auf. Daher wird die allgemeine Bezeichnung Neuropathie häufig einfach als Synonym für Polyneuropathie verwendet.

Unterscheiden lassen sich die Nervenschädigungen anhand verschiedener Kriterien:

  • nach Aufgabe der betroffenen Nerven (wofür sind sie zuständig?)
  • nach Lokalisation der Symptome (wo treten Beschwerden auf?)
  • nach der Art des Defekts an den jeweiligen Nervenzellen (welcher Teil ist betroffen?)
  • nach der Symmetrie der Beschwerden (kommen die Symptome auf beiden Körperhälften gleichermaßen vor?)

Diese Unterscheidungen sind wichtig, um die tatsächliche Ursache der Polyneuropathie zu entlarven und eine passende Behandlung einzuleiten, die sich an den individuellen Bedürfnissen des Patienten orientiert. Oberstes Ziel ist es, die Schädigung so weit wie möglich wieder rückgängig zu machen.

Aufgaben der Nerven

Nerven erfüllen im Körper zahllose wichtige Funktionen: So zum Beispiel die Übermittlung von Befehlen des zentralen Nervensystems (Gehirn und Rückenmark) an die Muskeln im Körper, die Steuerung von Atmung und Herzschlag sowie die Aufnahme von Sinneseindrücken. Je nach Lokalisation und Ausprägung einer Polyneuropathie fallen die Beschwerden daher unterschiedlich aus.

Symptome der Polyneuropathie


Abhängig von der Art der geschädigten Nerven sind bei einer Neuropathie unter anderem folgende Symptome möglich:

  • Kribbeln und Missempfindungen, vor allem in Armen und Beinen
  • gestörte Schweißproduktion
  • Ausfall bestimmter Muskeln und Muskelschwund
  • Muskelkrämpfe
  • Lähmungserscheinungen
  • Störungen der Koordination und Motorik, zum Beispiel Gangunsicherheit
  • Schmerzen
  • Störungen der Verdauung, der Atmung oder sogar des Herzschlags

Vorsicht!

Weil eine Polyneuropathie auch das Temperatur- und Schmerzempfinden deutlich herabsetzen kann, besteht hier großes Verletzungsrisiko. Betroffene sollten daher im Alltag besonders vorsichtig sein und keine unnötigen Risiken eingehen. Es empfiehlt sich, die Bereiche, an denen Personen Empfindungsstörungen bemerken, regelmäßig auf Verletzungen zu überprüfen (damit sich diese nicht beispielsweise unbemerkt entzünden).

Wer einzelne oder mehrere dieser Beschwerden bei sich beobachtet, ist meist recht schnell besorgt. Zögern Sie in so einer Situation nicht lange und gehen Sie zum Arzt. Nur er ist in der Lage, festzustellen, was wirklich hinter Ihrer Symptomatik steckt. Erst wenn Sie den Auslöser kennen, kann eine entsprechende Behandlung wirkungsvoll am richtigen Punkt ansetzen.

Polyneuropathie: Ursachen der Nervenschädigung


Die Ursachen einer Polyneuropathie lassen sich in vier große Hauptgruppen unterscheiden:

Zwei Hauptauslöser

Laut Experten gibt es mehr als 300 verschiedene Ursachen, die als Grund für die Entstehung einer Polyneuropathie infrage kommen. Die häufigsten Auslöser (mit jeweils 30 Prozent) sind Alkoholmissbrauch und Diabetes mellitus. Allerdings bleiben die genauen Gründe auch bei etwa 20 Prozent der Patienten ungeklärt.1

Polyneuropathie – so verläuft die Diagnose


Handelt es sich bei den Beschwerden des Patienten tatsächlich um eine Neuropathie? Welche Ursache oder Erkrankung löst sie aus? Diese Fragen gilt es zu klären.

Der richtige Ansprechpartner ist in diesem Fall der Neurologe – ein Facharzt für Erkrankungen des Nervensystems. Zu Beginn der Diagnose steht zunächst das Patientengespräch (Anamnese). Dabei lässt sich der Arzt die Symptome des Patienten genau schildern.

Im Anschluss überprüft er bei einer neurologischen Untersuchung Schmerzempfinden, Sensibilität, Muskelreflexe und Beweglichkeit der betroffenen Bereiche. Dafür greift der Neurologe zu einfachen Mitteln, wie einem Reflexhammer oder kleinen Nadeln, mit denen er sanft auf die Haut klopft beziehungsweise leicht einsticht.

Verhärtet sich der Verdacht auf eine Polyneuropathie, kann zudem im Rahmen einer Elektroneurografie (ENG) die Nervenleitgeschwindigkeit gemessen werden. Dabei wird der jeweilige Nerv über auf der Haut angebrachte Elektroden mit einem schwachen elektrischen Reiz stimuliert. Die Untersuchung gibt Aufschluss darüber, in welchem Ausmaß der Nerv geschädigt ist.

Um im Anschluss die genaue Ursache der Neuropathie zu ermitteln, stehen dem Mediziner verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Unter anderem:

  • Elektromyografie (EMG; Test der elektrischen Muskelaktivität)
  • Biopsie (Entnahme einer Gewebeprobe)
  • Computertomografie oder Magnetresonanztomografie (CT/MRT; mehrschichtige Aufnahmen des Körpers)
  • Angiografie (Darstellung der Blutgefäße)
  • Elektrokardiografie (EKG; Überprüfung des Herzens)

Was gehört zur Behandlung einer Polyneuropathie?


Bei der Behandlung einer Neuropathie steht die zu Grunde liegende Ursache im Mittelpunkt. So besteht die Therapie im Falle einer durch Diabetes ausgelösten Nervenschädigung hauptsächlich darin, den Blutzucker optimal einzustellen und vorherrschende Symptome zu lindern. Bei Alkoholmissbrauch steht dagegen der Verzicht auf Alkohol im Vordergrund.

Zudem gibt es ganz allgemeine Maßnahmen, die zur Behandlung einer Nervenschädigung infrage kommen. Dazu gehört eine Entlastung der betroffenen Nerven (zum Beispiel durch Ruhigstellung) sowie eine schonende Physiotherapie. Des Weiteren können folgende Maßnahmen sinnvoll sein:

  • Erlernen von Entspannungstechniken (wie Meditation oder autogenes Training)
  • Kälte- oder Wärmebehandlungen (zum Beispiel ein warmes Bad oder Infrarot-Licht-Bestrahlung)

Nicht selten verschreibt der behandelnde Arzt bei einer ausgeprägten Neuropathie Antidepressiva oder Antiepileptika – sie sind oft in der Lage, die Schmerz- und Reizweiterleitung eines Nervs zu reduzieren und dadurch Beschwerden zu mindern.

Wichtig: Ein gesunder Lebensstil

Eine ausgewogene Ernährung und der Verzicht auf Genussmittel (Alkohol und Zigaretten) sollten zudem fest in den Alltag integriert werden, da hiervon nicht nur die generelle Gesundheit, sondern auch die Nerven profitieren.

Nervenschädigung – die Prognose


Können eine Polyneuropathie und ihre Symptome wieder vollständig verschwinden? Diese Frage ist nur schwer zu beantworten. Selbst nach der Behandlung der Ursache ist es möglich, dass ein Nerv irreversibel geschädigt bleibt – beispielsweise dann, wenn der Nerv schon über einen langen Zeitraum unter einer Reizung gelitten hat, dies allerdings unentdeckt bleibt.

Grundsätzlich gilt jedoch: Je eher ein Facharzt eine Nervenschädigung und deren Ursache erkennt desto früher kann mit einer geeigneten Behandlung begonnen werden. Häufig ist es dadurch möglich, eine Verschlimmerung der Nervenschädigung im weiteren Verlauf zu verhindern oder die Funktion des Nervs wieder vollständig herzustellen. Daher ist es umso wichtiger, dass Sie sich bei ersten neurologischen Symptomen (wie Kribbeln oder Taubheitsgefühlen) an einen Experten wenden.

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Jenni Graf Könnte Jenni Graf Blut sehen, wäre sie Ärztin geworden – da das aber leider nicht der Fall ist, hat sie sich für den deutlich unblutigeren Beruf der Medizinredakteurin entschieden. Nach ihrem Medizinjournalismus-Studium war sie von 2016 bis 2020 Teil von kanyo®. Jenni Graf Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
Pauline Zäh Bereits als Kind wusste Pauline Zäh, dass sie einmal Redakteurin werden wollte. Lesen und Schreiben waren schon immer ihre großen Leidenschaften. Während des Journalismus-Studiums spezialisierte sie sich im Bereich Medizin. Für sie ein besonders wichtiges Feld, denn Gesundheit geht jeden etwas an. Von 2019 bis 2021 war sie Teil von kanyo®. Pauline Zäh Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
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